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UmgangUnentschieden in der Causa Korol

Martin Korol, der mit rassistischen Aussagen bekannt wurde, ist seit 2013 Ersatz-Delegierter des Bremern GEW-Landesverbandes. Der bleibt tatenlos.

Bei der SPD rausgeflogen, bei der Gewerkschaft für Erziehung und Wissenschaft noch Mitglied: Martin Korol. Bild: Archiv

BREMEN taz | Abgeordneter für die rechtpopulistischen „Bürger in Wut“ (BIW) und gleichzeitig Funktionsträger der als links geltenden Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW)? In Bremen ist die GEW bis heute unentschlossen, wie sie mit Martin Korol umgehen soll. Noch nachdem dieser mit rechten Positionen bundesweit Schlagzeilen gemacht hatte, wählten GEW-Mitglieder ihn im Herbst 2013 zum Ersatz-Delegierten für den Gewerkschaftstag.

In dem höchsten Gremium wird der Kurs der GEW in Bremen bestimmt. Im Februar 2014 trat Korol dort als Delegierter auf, verteilte Flugblätter. Aus dem Landesvorstand der Gewerkschaft heißt es nun, man arbeite schwer daran, Korol auszuschließen. Ein erster Antrag auf Ausschluss Korols wurde jedoch bereits im November 2013 abgelehnt und stattdessen beschlossen, dass Korol sich zwischen der GEW und den BIW entscheiden solle. Zum Jahreswechsel gab es ein Gespräch, er lehnte ab. Seitdem ist nichts passiert.

Die SPD hingegen hatte Korol ausgeschlossen, nachdem die taz über seine Positionen berichtete: Korol hatte auf seiner Homepage über Sinti und Roma geschrieben, sie lebten „sozial und intellektuell“ noch „im Mittelalter“ und kämen aus einer „archaischen Welt“, in der Männer „keine Hemmungen haben, die Kinder zum Anschaffen [...] statt zur Schule zu schicken“. Er kritisierte die „uferlose Alimentierung feministischer Initiativen“, warnte vor dem „Massenmord der Abtreibungen“ oder forderte, dass nur Abgeordneter werden dürfe, wer einen deutschen Schulabschluss habe. Seit Oktober 2013 ist Korol bei den BIW. Mit seiner GEW-Mitgliedschaft seit 1969 wirbt er bis heute.

Und die GEW? „Wir beraten, wie wir damit umgehen“, sagte Petra Lichtenberg, GEW-Landesvorstandsprecherin, zur taz. Korols Positionen lehne sie ab. „Wir wollen Völkerverständigung und keine Hetze“, so Lichtenberg. „Ich schäme mich dafür, dass jemand wie Korol Gewerkschaftsmitglied ist.“ Sie sei für einen Ausschluss. Würde dieser jedoch abgelehnt, stärke das Korol den Rücken. Daher werde „noch geprüft“. Geprüft wurde allerdings auch der Umgang mit Transparenz: Der Antrag auf Korols Ausschluss vom November war als einziger wochenlang nicht auf der GEW-Website einsehbar. Es habe „eine Verunsicherung gegeben, ob das so veröffentlicht werden kann“, so Lichtenberg.

Der Fall Korol

Als Nachrücker zog der pensionierte Lehrer Martin Korol Anfang 2013 für die SPD in die Bremer Bürgerschaft ein.

Im Februar 2013 thematisierte die taz Korols antiziganistische Positionen. Der SPD-Landeschef distanziert sich unverzüglich.

Im April 2013 wird Korol nach bundesweiten Schlagzeilen von der SPD-Fraktion ausgeschlossen.

Im Juni 2013 entscheidet die Landesschiedskommission, dass seine Mitgliedsrechte für zwei Jahre ruhen sollen.

Im September 2013 beschließt die Bundesschiedskommission den Parteiausschluss.

Seit Oktober 2013 ist Korol Mitglied der rechtspopulistischen Bürger in Wut (BIW).

Mitglied der GEW ist er nach eigenen Angaben seit 1969.

Auf sechs Seiten hatte ein GEW-Mitglied darin begründet, warum Korols Aussagen Gewerkschafts-schädigend seien und sich dabei auf die Satzung der GEW bezogen, nach der die Gewerkschaft unter anderem den „Ausbau der Geschlechterdemokratie“ und die „Verhinderung und Beseitigung von Diskriminierung“ zum Ziel habe. Der Antrag zitiert Aussagen der BIW, in denen sich die Partei gegen „die Homo-Ehe“, „gegen eine Einheitsschule“ oder für ein Bildungssystem der „Begabtenauslese“ ausspricht – oder gegen eine „antiautoritäre Erziehung“, für die stattdessen auch „eine leichte körperliche Bestrafung wie der ’Klaps auf den Po‘ durch die Eltern möglich“ sein müsse.

Die GEW-Delegierten waren nicht überzeugt. Auch sehen längst nicht alle in Korols Positionen ein Problem. Rückhalt bekommt er unter anderem aus der Seniorengruppe, in der er aktiv ist. Wilfried Sobich, einer der Sprecher der Seniorengruppe, sagte zur taz: „Die Aussagen, die ihm von anderer Seite vorgeworfen werden, hat er nicht auf GEW-Papier gemacht.“ Auf den Seniorentreffen habe er sich „immer tadellos“ eingebunden und „nichts Anstößiges“ gemacht. Die Gewerkschaft müsse für alle offen sein. Für einen Ausschluss gebe es keinen Grund.

Korol selbst sieht das genauso. Die „Bürger in Wut“ seien eine verfassungskonforme Partei und würden „nicht mal beobachtet“, so Korol zur taz. „Wenn eine Gewerkschaft so tut, weil sie von den Linken besetzt ist, als ob sie eine Partei wäre, dann finde ich das anmaßend.“ Auch inhaltlich gebe es keinen Widerspruch: „Im Gegenteil“, was er als Abgeordneter und als Gewerkschafter mache, würde „sich ergänzen“.

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2 Kommentare

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  • Wer bestimmt eigentlich, das Gewerkschaften gefälligst "links" sein müssen ? Gewerkschafften sollen Arbeitnehmerinteressen vertreten, also sich um das Thema"Arbeit" kümmern ! Links und rechts ist dagegen Sache der Politik, also etwas anderes. "Linke" ereifern sich oft, die Gewerkschaften gehören ihnen alleine. Auch CDU und CSU Mitglieder haben das Recht, Mitglied einer Gewerkschaft zu sein. Kapiert endlich, das gewerkschaftliches Engagement nicht automatisch links sein muss.

    Und wenn ein Ausschlussverfahren sein soll, dann sollte dieses auch transparent sein. So wirkt das derzeitige Verfahren der GEW schon fast autoritär.

    • @frankmichael:

      Was wirkt "fast autoritär"? Das nichts geschieht?