Umfrage zum Frauentag: Wären Sie gerne eine Frau, Herr ...?
Es gibt Männer, die haben im Beruf vor allem mit Frauen zu tun – so dass man sich fragen kann, ob den Job nicht besser eine Frau machen würde. Sie selbst sehen das anders, wie fünf von ihnen der taz erklären.
Matthias Blümel, 58, Leiter des Frauenknasts in Lichtenberg: "Ich würde gern wissen, wie Frauen denken. Aber selber eine Frau sein? Nein. Das wäre mir zu anstrengend. Kommunikation und Beziehungsdiskussionen haben für Frauen eine andere Bedeutung. Ich glaube, dass ich keine Frau bin, erleichtert mir die Arbeit als Anstaltsleiter. Reine Monokulturen sind immer schlecht. Das beste Bespiel dafür ist die Bundeswehr, die lange eine reine Männerdomäne war. Wenn Frauen unter Frauen sind, geht es mitunter sehr emotional zu. Ein Großteil meiner Arbeit besteht aus Krisenmanagement und Organisation. Als Mann habe ich es leichter, bei Problemen in der Anstalt zu vermitteln. 1998 sollte die Leitungsstelle mit einer Frau besetzt werden. Ich war damals kommissarischer Leiter. Aber alle Anwärterinnen sind abgesprungen. Die letzte hatte ich schon eingearbeitet. An dem Tag, an dem sie anfangen sollte, hat sie angerufen und gesagt, sie kommt nicht."
Harald Wolf, 53, Frauensenator: "Nein. Ich bin seit 53 Jahren daran gewöhnt, ein Mann zu sein. In diesem Alter orientiert man sich nicht mehr um. Und die Vermutung, eine Frau wäre geeigneter als Frauenpolitikerin, gehört zu jenen Rollenklischees, die bisher Frauen die Fähigkeit absprachen, in vermeintlichen Männerberufen erfolgreich zu sein. Manchmal kann es sogar vorteilhaft sein, gleichstellungspolitische Anliegen in männerdominierten Gremien als Mann durchzusetzen. Sowohl Männer als auch Frauen sollten unabhängig von ihrem Geschlecht an den Ergebnissen ihrer Politik gemessen werden. Wir brauchen die Gleichstellung der Geschlechter in allen Bereichen der Gesellschaft und können weder auf weibliche noch männliche Kompetenz verzichten. Eine Gleichstellung von Frauen verändert Lebenswirklichkeit und Perspektive auch von Männern. Die bisherigen Ergebnisse meiner Politik: Frauen stellen inzwischen knapp ein Drittel der Aufsichtsräte öffentlicher Unternehmen in Berlin. Bundesweit Spitze ist die Hauptstadt mit einem Anteil von knapp einem Viertel Professorinnen. In meiner eigenen Verwaltung werden drei von vier Abteilungen von Frauen geleitet. Auf meine Initiative wird der Senat bald ein neues Landesgleichstellungsgesetz beschließen, das für Frauen gleiche Chancen auf Führungspositionen der öffentlichen Wirtschaft sicherstellen soll. Wir kämpfen aber auch für die Verbesserung der oft prekären Arbeitsbedingungen von alleinerziehenden Müttern: für einen allgemeinen Mindestlohn, weg von Minijobs und Dumpinglöhnen. Außerdem ist uns eine weitere Verbesserung der in Berlin bereits gut ausgebauten Kinderbetreuungsmöglichkeiten gelungen. Auch bei der Hilfe für Frauen bei häuslicher Gewalt ist Berlin gut aufgestellt."
Uwe Pittelkow, 49, Saunameister im Stadtbad Neukölln: "Nein, ich möchte keine Frau sein! Ich habe als Mann am Frauensauna-Tag keine großen Probleme. Natürlich mokieren sich Frauen, dass am Frauentag Männer den Aufguss machen, aber ich mache das jetzt schon jahrelang, das stört mich nicht. Das Problem ist, dass den Job kaum eine Frau machen will. Man macht am Tag sieben, acht Aufgüsse - die Hitze und auch das Handtuchwedeln sind schon anstrengend direkt vor dem Ofen. In den Bäderbetrieben gibt es nur am Ernst-Thälmann-Park eine Frau, Helga. Die macht das schon seit 20 Jahren, vorzugsweise am Männertag! Aber hier in Neukölln kennt mich das Stammpublikum, und über zu wenig Besucherinnen können wir uns nicht beschweren, es ist immer voll. Migrantinnen würde das wohl eher stören, aber von unseren Besuchern sind nur etwa 5 Prozent Migranten. Vielleicht ist es manchmal sogar einfacher als Mann in dem Job. Am Frauentag ist schon mal ,Kampf der Amazonen' angesagt: Die Frauen streiten sich, wer in welcher Reihe sitzen darf. Da muss ich dann schlichten."
Bernd Schröder, Trainer des Frauen-Fußball-Bundesligisten Turbine Potsdam: "Der Frauentag war schon in der DDR nervig. Ich hab da ja nichts gegen, aber wenn man Frauen gut behandelt, braucht man solche Tage nicht, um sich das Gewissen rein zu waschen. Und heute gibts dann ja noch den Valentinstag, den Muttertag, irgendwann ist auch mal gut. Meiner Frau schenke ich keinen Blumenstrauß. Ich bin seit 40 Jahren verheiratet, die würde komisch gucken, wenn ich mit einem Strauß da stehen würde. Ich bin ehrlichen Herzens. Diese ganzen Tage für irgendwas sind mehr Schein als Sein, alles Heuchelei - es kommt auf das ganze Jahr an. Ich bin aus zwei Gründen Frauenfußballtrainer. Erstens fehlt den Frauen die Historie, es gibt einfach nicht genug Frauen für die Trainerpositionen - vielleicht fülle ich da eine Lücke. Zweitens kenne ich die Psyche der Frau, ich kann am Gesicht ablesen, wie sich meine Spielerinnen fühlen. Schon bei meiner Arbeit in der Industrie hatte ich 200 Frauen unter mir. Da habe ich gelernt, in die Seele der Frau reinzugucken. Und sonst ist beim Frauenfußball ja alles gleich: ein Feld, ein Ball, 90 Minuten Spielzeit. Die Kabinenpredigt ist kein Problem. Meine Mädels laufen da ja nicht oben ohne rum. Und selbst wenn: So prüde, wie alle glauben, ist unsere Gesellschaft gar nicht."
Jörg Schreier, 42, Chefarzt der Frauenklinik und Leiter des Brustzentrums der DRK Kliniken Berlin-Köpenick: "Die Patientinnen werden bei uns immer gefragt, ob sie von einem Mann oder einer Frau behandelt werden wollen. Man selber denkt immer: Ich bin doch ein netter Kerl. Aber trotzdem entscheiden sich manche Patientinnen gegen einen und wollen lieber einen weiblichen Arzt. Für die meisten Frauen spielt es aber keine Rolle, welches Geschlecht der behandelnde Arzt hat. Und ich als männlicher Frauenarzt habe natürlich auf der einen Seite Mitgefühl mit meiner Patientin, auf der anderen Seite aber auch mehr Distanz zu ihren Problemen als die weiblichen Kollegen. Wenn ich eine Patientin behandele, ist generell auch eine Krankenschwester dabei. Das gibt der Patientin emotionale Sicherheit. Interessant ist, dass der Ärzteberuf immer weiblicher wird. Die meisten Studienanfänger in der Medizin sind Frauen. Das gilt selbst für die Chirurgie - traditionell eine Männerdomäne. Ich habe in der Klinik größtenteils weibliche Kollegen. Frauen sind tendenziell kommunikativer, Männer eher die Einzelkämpfer. Im Team ergänzen sich die Vorteile beider Geschlechter."
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