Umbildung des Berliner Senats: Rente mit 66 1/2
Sozialsenatorin Heidi Knake-Werner (Linke) will aus Altersgründen ihr Amt aufgeben. Nachfolgerin soll am 15. Oktober Fraktionschefin Carola Bluhm werden.
Die Einführung der Rente mit 67 sei eine der größten Dummheiten der letzten Jahre, sagte Sozialsenatorin Heide Knake-Werner (Linke). Nun entgeht sie selbst dem neuen Renteneintrittsalter um ein knappes halbes Jahr. Zum 1. Oktober will sie ihr Amt aufgeben, verkündete die 66-Jährige am Sonntag. Im März 2010 wird sie 67. Nachfolgerin soll die bisherige Fraktionschefin Carola Bluhm (46) werden.
Knake-Werner war Anfang 2002 aus dem Bundestag in den Senat gegangen. Schon seit Längerem wurde über ihren Wechsel spekuliert. "Es ist meine Entscheidung", betonte die sichtlich entspannte Senatorin am Sonntag. Schon nach der Abgeordnetenhauswahl im Jahr 2006 habe sie beschlossen, die laufende Legislaturperiode nicht im Amt zu beenden. "Seit Jahresbeginn planen wir den Wechsel", sagte Knake-Werner. Ihre Fraktion sei schon vor zwei Wochen informiert worden.
Der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) dankte Knake-Werner für deren "engagierte Arbeit im Senat". "Sie war immer eine Politikerin mit einem starken sozialen Engagement", betonte der Regierungschef. Die Opposition hingegen sprach von einem längst überfälligen Schritt. Knake-Werner habe "keine wesentlichen Initiativen für diese Stadt auf den Weg bringen können", meinte der Fraktionschef der Grünen, Volker Ratzmann. Der CDU-Landesvorsitzende Frank Henkel bezeichnete Knake-Werner gar als "fachlichen Totalausfall".
Auch in den eigenen Reihen war Knake-Werner nicht unumstritten. Beim Koalitionspartner SPD ist zu hören, sie sei gegen Ende etwas amtsmüde gewesen. Und selbst in der Linksfraktion gibt es Stimmen, die bedauern, dass Knake-Werner sich erst jetzt zum Rücktritt durchgerungen hat. Spekulationen, sie sei von der eigenen Fraktion aus dem Amt gedrängt worden, werden jedoch mehrheitlich als "Quatsch" oder "Unsinn" bezeichnet.
Knake-Werner hatte schon zu Beginn ihrer Amtszeit über die engen Rahmenbedingungen für ihre Arbeit geklagt. Besonders schwer fiel der einstigen DKP-Frau, dass sie die von der Bundesregierung beschlossene Hartz-IV-Reform in Berlin umsetzen musste, die von der Linkspartei stets heftig kritisiert wurde.
Knake-Werner hatte versucht, die Auswirkungen abzufedern. So hatte sie Hartz-IV-Empfängern, die in einer laut Gesetz zu teuren Wohnung leben, ein Jahr Zeit gelassen, einen neuen Job zu suchen. Erst auf heftigen Druck der Bundesregierung, die nur eine Übergangsfrist von sechs Monaten zulässt, war die Senatorin davon abgerückt.
Eins ihrer Lieblingsprojekte war der 2007 beschlossene öffentlich geförderte Beschäftigungssektor (ÖBS). Mit Landesmitteln werden hier derzeit rund 6.500 Jobs für Langzeitarbeitslose geschaffen. Weil sie das und ähnliche Projekte langfristig sichern wollte, habe sie - anders als Finanzsenator Thilo Sarrazin - ihr Amt nicht während der laufenden Haushaltsverhandlungen abgegeben, sagte Knake-Werner. Dank des seit letzter Woche vorliegenden Haushaltsentwurfs für die Jahre 2010 und 2011 könne der ÖBS nun sogar ausgebaut werden.
Offen ist noch, wer nach dem Wechsel von Carola Bluhm in den Senat die Linksfraktion führen soll. Landesparteichef Klaus Lederer kündigte an, sich mit Bluhm zu beraten. Er selbst habe "keine Ambitionen". Die Trennung von Partei- und Fraktionsvorsitz habe sich bewährt. Als heißer Kandidat für die Bluhm-Nachfolger wird in der Fraktion Udo Wolf gehandelt. Er selbst bezeichnet den Fraktionsvorsitz als "interessanten Job". Wenn er gefragt würde, stehe er bereit. Allerdings hat Wolf gleich zwei Makel: Er ist ein Mann und der jüngere Bruder von Wirtschaftssenator Harald Wolf. Dass die Linke durch ein Brüderpaar am Senatstisch vertreten werden, halten einige Fraktionsmitglieder für ausgeschlossen.
"Es wäre schön, wenn eine Frau gefunden würde", sagte Fraktionsvize Jutta Matuschek. Auch sie halte den Fraktionsvorsitz für einen "interessanten Job". Marion Seelig, ebenfalls Vizefraktionschefin, will gleichermaßen nicht ausschließen, dass sie ganz nach vorn rückt.
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