Ukraine-Krieg und Lieferkettenprobleme: Flaute im Hamburger Hafen

Einst war er Russlands Tor zum Welthandel, nun verliert der Hamburger Hafen allmählich den Anschluss. Den Konkurrenten geht es ähnlich.

Containerkräne im Hamburger Hafen

Containerterminal im Hamburger Hafen, hier ist wegen des Krieges in der Ukraine weniger los Foto: Felix Schlikis/imago

HAMBURG taz | Der Sog des Ukraine-Krieges zieht das Tor zur Welt nach unten. An den vier Terminals der Hamburger Hafen und Logistik AG (HHLA) wurden im vergangenen Jahr nur noch knapp 6,1 Millionen Container (TEU) umgeschlagen – 260.000 weniger als im Vorjahr, ein Minus von 4,1 Prozent. „Das Geschäftsjahr war geprägt von dem russischen Angriffskrieg auf die Ukraine, dessen Auswirkungen und den Störungen der globalen Lieferketten“, sagte Angela Titzrath, HHLA-Vorstandsvorsitzende.

Der Hamburger Hafen wurde nach dem Ende der Sowjetunion zu Russlands Tor zum Welthandel. Über die frisch vertiefte Elbe kommen selbst die größten Frachter aus China und Südostasien an, deren Ladung auf kleinere Feederschiffe umgeladen und über die Ostsee nach Ust-Luga, Primorsk oder Sankt Petersburg verschifft wird. Und umgekehrt.

In der Rangliste des Hamburger Hafens rangierte Russland seit den 1990er Jahren regelmäßig um Rang 5. Dies ist seit den Sanktionen der Europäischen Union wegen des Angriffs auf die Ukraine im Februar 2022 vorbei. Gleichzeitig belastet der Krieg mittelbar den Handel mit anderen Mittel- und Osteuropäischen Staaten, die teils per Schiff, wie Estland und Polen, teil per Bahn, wie Tschechien oder Ungarn, versorgt werden.

Für die Versorgung zuständig ist vor allem die HHLA, der wichtigste Terminalbetreiber in Hamburg. Rund zwei Drittel des Umschlags von Deutschlands größtem Hafen wird von dem teilstaatlichen Logistikkonzern abgewickelt. Der Handel wurde zugleich von den stockenden globalen Lieferketten in Mitleidenschaft gezogen.

Lieferkettenstörungen gehören der Vergangenheit an

Infolge der Corona-Pandemie und langer Staus vor den Häfen in China und den USA – beides wichtige Kunden der HHLA – wurde Schiffsraum knapp und knapper und daher sehr teuer. Der Ukrainekrieg führte dann vor einem Jahr zu weiteren Engpässen auf den Weltmeeren.

Mittlerweile gehören Lieferkettenstörungen weitgehend der Vergangenheit an, und die Frachtraten sinken wieder in Richtung Vor-Krisenniveau. 2023 werde „ein ganz normaler Markt“, sagte Rolf Habben Jansen, Chef der Hamburger Reederei Hapag-Lloyd, kürzlich vor Journalisten.

Die HHLA betreibt außerdem Hafenterminals nahe der estnischen Hauptstadt Tallinn, im italienischen Triest und am Schwarzmeerhafen Odessa. Dieser war nach Russlands Überfall auf die Ukraine geschlossen worden, ein Teil der 480 Beschäftigten kam nach Deutschland. Der HHLA-Terminal CTO ist der größte Containerterminal des Landes. 2021 wurden hier rund 400.000 TEU umgeschlagen.

Trotz der herausfordernden Zeiten habe die HHLA erneut ihre „Leistungsfähigkeit und Resilienz unter Beweis gestellt“, freute sich Titzrath. Nach vorläufigen Zahlen legte der Konzernumsatz um 7,7 Prozent auf 1,6 Milliarden Euro zu. Der Gewinn bewegt sich mit 220 Millionen Euro auf Vorjahresniveau und fiel höher als erwartet aus.

Branche verhalten optimistisch

Hierbei profitierte die HHLA von Staus in anderen Häfen und im Hinterlandverkehr, die zu längeren Verweildauern von Containern an den Hamburger sowie den Terminals in Tallinn und Triest führten. Dadurch stiegen die sogenannten Lagergelderlöse deutlich.

Die Krise spüren auch die beiden traditionellen Konkurrenten Hamburgs. In Rotterdam belief sich der Rückgang im Containerverkehr in den ersten neun Monaten auf 4,4 Prozent. „Infolge der Sanktionen kam der Containerverkehr zwischen Russland und Rotterdam fast vollständig zum Erliegen“, meldet der niederländische Hafenbetrieb. Antwerpen musste im vergangene Jahr ein Minus von 5,2 Prozent verkraften.

In die Zukunft blickt die Branche dennoch verhalten optimistisch. „Der globale Handel nimmt zum Jahresbeginn an Fahrt auf und könnte vor einem längeren Aufschwung stehen“, bestätigt Timo Hoffmann, Konjunkturforscher am Kiel Institut für Weltwirtschaft. Der monatlich erhobene „Kiel Trade Indicator“ zeige in seinem jüngsten Update deutlich positive Werte für den Warenaustausch im Januar. Dies werde insbesondere den europäischen und auch den deutschen Außenhandel beflügeln.

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