Überwachung: Private Big Brother-Epidemie

Bremen hat im Vergleich zu Hannover wenig behördliche Überwachungskameras, doch die privaten Video-Kontrollen grassieren

Webcams: immer billiger - und im privaten Bereich immer zahlreicher. Bild: dpa

BREMEN taz | Das Ausmaß der Videoüberwachung in Bremen nimmt zu, so das Ergebnis einer Umfrage der Deutschen Pressagentur (dpa). Vor allem der Bereich der privaten Kamera-Überwachung wächst – obwohl ein erheblicher Teil aus Datenschutzgründen gar nicht betrieben werden darf.

In Bremen seien an insgesamt 107 öffentlichen Standorten wie Schulen, Plätzen, Kliniken oder Behörden Überwachungskameras installiert, heißt es in der dpa-Umfrage. Auf 5.000 EinwohnerInnen käme somit eine Kamera. Für Imke Sommer, Datenschutzbeauftragte Bremens, ist diese Information jedoch ein wenig irreführend: „In der Tat sind 107 Kameras installiert, allerdings keineswegs an verschiedenen Standorten.“ So seien allein an der Bürgerschaft zwölf Kameras installiert, am Haus des Reichs sind es sogar 19 Stück. Auch der von dpa angestellte Vergleich mit Niedersachsens Landeshauptstadt Hannover hinke: „Während wir sämtliche behördlichen Kameras erfasst haben, die den öffentlichen Raum überwachen, wissen wir von Hannover nur, mit wie vielen Kameras die Polizei filmt.“ Das sind 78 Stück – in Bremen hingegen gehören nur vier Kameras der Polizei, und zwar an der Discomeile und am Bahnhofsvorplatz. In Hannover kommen mindestens noch die Überwachungskameras der Landesregierung hinzu – und mit denen kommt die Stadt dann bereits auf 168 öffentliche Videokameras.

„Das größte Problem“, sagt Imke Sommer, „ist ohnehin die Zunahme der privaten Überwachungskameras.“ Da die jedoch nicht meldepflichtig sind, ist deren genaues Ausmaß nicht bekannt. „Wir können die Anzahl dieser Überwachungssysteme nur ermessen an der Anzahl von Beschwerden, die bei uns eingehen, und die wachsen stetig und sind fast immer berechtigt.“ HausbesitzerInnen oder BetreiberInnen von Geschäften sei oft nicht klar, dass es Privatpersonen schlichtweg verboten ist, öffentliche Räume zu filmen, also Bürgersteige und auch frei zugängliche Bereiche am Grundstück oder vor Geschäften. Hier darf nur in begründeten Ausnahmefällen gefilmt werden, „und eine heimliche Videoüberwachung darf es schon gar nicht geben“, so Sommer.

Auch eine Videoüberwachung an Arbeitsplätzen werde oft verbotenerweise installiert. Dabei ist auch sie nur in besonderen Ausnahmefällen zulässig, zum Beispiel in Schalterräumen von Banken. „Aber leider gibt es zum Beispiel bestimmte Discounter, die Kameras für unzulässige Verhaltenskontrollen ihrer Angestellten missbrauchen.“

Eine Ursache für den Anstieg der privaten Überwachungs-Wut kann Sommer nicht ausmachen, „aber natürlich ist es so, dass Kameras immer billiger werden“. Niemand muss mehr tief in die Tasche greifen, um sich ein teures Video-Equipment zuzulegen, eine zehn-Euro-Webcam tut’s auch. Sommer appelliert daran, die Kontrolleure zu kontrollieren: „Wer eine unzulässige Kamera entdeckt, soll sich bei uns melden – bei jeder berechtigten Beschwerde schreiben wir den Betreiber an oder gehen der Sache auch an Ort und Stelle auf den Grund.“

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