Überwachung im Anti-Doping-Kampf: Erzwungene Freiwilligkeit
Nicht nur in Deutschland gibt es Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Anti-Doping-Kampfs. Professionelle Sportler aus aller Welt streiten für leichtere Meldeauflagen.
BERLIN taz | Deutsche Datenschützer halten die Regeln und Kontrollvorschriften, wie sie im Kodex der Nationalen Anti-Doping-Agentur Nada festgehalten sind, für rechtswidrig. Sie sprechen von unzumutbaren Eingriffen in die Privatsphäre und fordern das Ausscheren des deutschen Sports aus dem weltweiten System der Dopingbekämpfung. Doch nur wer den Code der Welt-Anti-Dopingagentur (Wada), deren Bestimmungen in die Regeln der Nada eingegangen sind, akzeptiert, darf an internationalen Wettkämpfen teilnehmen. Beerdigen Datenschützer damit den deutschen Spitzensport?
Eines ist den Datenschutzbeauftragten von Rheinland-Pfalz und Schleswig-Holstein mit ihrer drastischen Ablehnung des Kontrollwesens immerhin gelungen. Deutsche Spitzensportler verteidigen nun den Anti-Doping-Kampf. Darunter sind sogar solche, die den Meldeauflagen, die seit Januar 2009 zu erfüllen sind, kritisch gegenüberstehen wie Imke Duplitzer, die Fechteuropameisterin.
Die hatte ihr Leben mit der Datenbank der Wada in einem Beitrag für die taz beschrieben und war doch ziemlich genervt davon, dass sie ihre Aufenthaltsorte drei Monate im Voraus angeben muss und an jedem Tag im Jahr eine Stunde benennen muss, in der sie für eine Dopingkontrolle verfügbar ist. ADAMS, so heißt die Datenbank, ist zu einem ständigen Begleiter in ihrem Leben geworden. Jetzt spricht sie sich explizit für das Kontrollwesen aus.
Dabei waren es auch Sportler, von denen die Initiative ausgegangen ist, den Nada-Kodex von Datenschützern überprüfen zu lassen. Spin, die Vereinigung professioneller Basketballer, regte die Expertise an. Sie ist eine von vielen Organisationen, die sich seit 2009 gegen den Wada-Kodex einsetzen, weil sie darin einen rechtswidrigen Eingriff in ihre Privatsphäre sehen.
Weltweit gehen Spielergewerkschaften gegen den Wada-Kodex vor. Auch die FifPro, die Fußballprofis aus aller Welt repräsentiert, hält das Meldewesen für rechtswidrig. Sie alle hoffen, dass sich der Anwalt und ehemalige Fußballprofi Kristof de Saedeleer mit seiner Klage gegen den Wada-Kodex durchsetzt. Er vertritt 65 belgische Sportler, die sich nicht weiter überwachen lassen wollen, und will bis zur letzten Instanz für die Rechte dieser Athleten kämpfen.
Dabei führt er als eines der Hauptargumente die Unrechtmäßigkeit der Einwilligungserklärungen zur Unterwerfung unter die Regeln des Anti-Doping-Kampfs an. Die wird von den Sportlern verlangt, aber auch bei der Europäischen Union überaus kritisch gesehen. Eine solche Erklärung müsse "ohne jeden Zwang" erfolgen, heißt es in einer Stellungnahme der "Artikel-29-Gruppe", dem unabhängigen Beratungsgremium der Europäischen Union in Datenschutzfragen.
Weil Sportler, die nicht in die Überwachung einwilligen, ausgeschlossen werden, könne von einer Freiwilligkeit keine Rede sein. Doch das Aus für den Spitzensport und das Kontrollwesen muss das noch lange nicht bedeuten. Es müsse eine Rechtsgrundlage geschaffen werden, die der Nada das Verarbeiten von Sportlerdaten erlaubt.
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