Überwachung der Antiterrorbefugnisse: Kontrolle des BKA
Die Bundesrechtsanwaltskammer zweifelt, ob das Bundeskriminalamt künftig effektiv kontrolliert wird.
FREIBURG taz Ausgerechnet ein Amtsrichter in Wiesbaden soll laut einem Gesetzesentwurf die neuen Antiterrorbefugnisse des Bundeskriminalamts (BKA) überwachen. Dabei halten Fachleute den Bundesgerichtshof für viel kompetenter: In einem Schreiben, das der taz vorliegt, stellt die Bundesrechtsanwaltskammer eine ausreichende Kontrolle künftiger BKA-Einsätze infrage.
Die Kammer fordert, dass besser der erfahrene Ermittlungsrichter am Bundesgerichtshof (BGH) über heimliche Grundrechtseingriffe des BKA entscheiden soll. Nur so sei eine "effektive Kontrolle" möglich, heißt es in der Erklärung der obersten deutschen Anwaltsvertretung.
Die von Innenminister Schäuble (CDU) geplante Reform will dem Bundeskriminalamt erstmals Befugnisse zur präventiven Gefahrenabwehr einräumen. Bisher durfte das Amt nur bei bereits verübten Straftaten aktiv werden. Zu den neuen Präventivbefugnissen gehört der heimliche Zugriff auf Computerfestplatten, das Abhören von Telefonen und Wohnungen sowie das heimliche Filmen in Wohnungen.
All diese Befugnisse stehen zwar unter Richtervorbehalt. Zuständig ist laut Gesetzentwurf der Bundesregierung aber "das Amtsgericht, in dessen Bezirk das Bundeskriminalamt seinen Sitz hat" - konkret also das Amtsgericht Wiesbaden. Einem Amtsgericht trauen die Anwälte jedoch die Kontrolle des großen BKA schlicht nicht zu. Da die neuen Befugnisse auf die Abwehr des internationalen Terrorismus beschränkt sind, werde es pro Jahr "nur wenige" Entscheidungen geben, deswegen könne das Amtsgericht "kein Erfahrungswissen" bilden.
Die nötige Erfahrung sieht die Rechtsanwaltskammer jedoch beim Ermittlungsrichter am Bundesgerichtshof gegeben, der auch heute schon über heimliche BKA-Maßnahmen zur Strafverfolgung entscheidet. Da sich bei der Terrorbekämpfung die Gefahrenabwehr und die Strafverfolgung ohnehin nur "in den seltensten Fällen sauber trennen lassen", so die Anwälte, sei es richtig, den präventiven Richtervorbehalt ebenfalls ganz oben beim BGH anzusiedeln.
In ihrer zehnseitigen Stellungnahme kritisieren die Anwälte auch, dass Strafverteidiger laut Gesetzentwurf besser vor heimlichen Ermittlungsmaßnahmen des BKA geschützt werden als die sonstigen Rechtsanwälte. Diese Unterscheidung sei "nicht sachgerecht", weil das Vertrauensverhältnis aller Anwälte zu ihren Mandanten gleich schützenswert sei.
Außerdem sollten ausschließlich Richter entscheiden, ob der Inhalt von heimlich ausgespähten Computern zum "Kernbereich privater Lebensgestaltung" gehört. Der Gesetzentwurf der Bundesregierung hält die Prüfung durch BKA-Beamte für ausreichend.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!