Überraschungsteam im DFB-Pokal: Spiel ohne Grenzen
Der SV Elversberg ist schon Spitzenreiter in der Dritten Liga und Pokalschreck. Trainer Steffen träumt vor der Partie gegen Bochum von noch mehr.
Beim Gedanken an seine kleine, stolze Pokalhistorie mit der SV Elversberg huscht ein Lächeln über das Gesicht von Horst Steffen. Rasch zählt er die Siege des Underdogs vor zwei Jahren gegen St. Pauli, vom Juli gegen Leverkusen und die erst im Elfmeterschießen verlorene Partie gegen Mainz vom August 2021 auf – und sagt: „Das hat sich bestimmt herumgesprochen.“ Herumgesprochen auch bis zum VfL Bochum, der am Dienstagabend in der zweiten Pokalrunde beim Drittligisten aus dem Saarland antritt.
Trainiert wird das Bundesliga-Schlusslicht seit knapp einem Monat von Thomas Letsch – den SVE-Coach Steffen „vor Ewigkeiten mal zufällig in einem Urlaub in Ägypten getroffen“ hat. Seitdem, erzählt der frühere BL-Spieler von Uerdingen, Gladbach und Duisburg, verfolge er Letschs Trainerlaufbahn etwas genauer. „Und er meine wahrscheinlich auch“, fügt Steffen im Gespräch mit dieser Zeitung hinzu – und sagt: „Deshalb habe ich mich auch nicht darüber gefreut, dass wir gegeneinander spielen.“
Umso mehr genießt Steffen dafür die Entwicklung seiner eigenen Mannschaft. Im Mai gelang dem Team aus der beschaulichen Gemeinde Spiesen-Elversberg nach mehreren vergeblichen Versuchen der Aufstieg in die Dritte Liga. Und dort steht der Neuling, der seine Heimspiele in der Arena an der Kaiserlinde austrägt, nun auch schon wieder ganz oben im Tableau. „Das ist eine Überraschung, ganz klar“, betont der zuständige Trainer.
Viele Elversberger Spieler wie Luca Schnellbacher, Sinan Tekerci oder Kevin Conrad sammelten zuvor zwar Erfahrungen in der Dritten Liga, das liegt aber mittlerweile schon einige Zeit zurück. Und Mittelfeldmann Manuel Feil, zuletzt einer der Auffälligsten in dem angriffslustigen Team, hatte bis zu diesem Sommer im Profifußball überhaupt noch keine Erfahrung sammeln können. „Wir haben viele Akteure, die eher Regionalliga-Spieler waren – und die jetzt Stammspieler bei uns sind und die Dritte Liga sehr gut können. Das war nicht zu erwarten“, beschreibt Horst Steffen die aktuelle Lage. Und deshalb setzt er weder sich noch seinem Ensemble irgendwelche Grenzen.
Steigende Ansprüche
Weitere Aufstiege mit Elversberg, womöglich bis hinauf in die erste Etage? „Warum nicht? Ich finde, wenn die Herausforderungen steigen, steigt auch der Anspruch an einen selbst. Ich wäre sehr gespannt, wie ich das machen würde“, sinniert Steffen, für den gilt: „Ich schaue, was noch so kommt, was noch geht. Aber erst mal bin ich froh, dass wir hier in Elversberg so einen Lauf haben – und dass wir im Pokal weitergekommen sind. Ich kann das auch sehr gut genießen. Nichtsdestotrotz bin ich offen dafür, was sich auch noch nach oben entwickeln kann.“
Richtig weit könnte es nach dem Geschmack des überaus ehrgeizigen Trainers, der von 2010 bis 2013 schon mal die U19 von Borussia Mönchengladbach betreute, jetzt erst einmal im Pokal gehen. „Als wir Leverkusen als Los bekamen“, erinnert er sich, „haben sich links und rechts von mir alle gefreut. Ich aber habe gesagt: ‚Oh nein! Ich will irgendwie bis ins Endspiel kommen.‘“ Das sei, schiebt Steffen noch hinterher, das Verrückte: „Dass ich die Vorstellung habe, bis nach Berlin zu kommen, obwohl ich realistisch einschätzen kann, dass uns das höchstwahrscheinlich nicht gelingen wird.“
Elversbergs Hauptsponsor ist ein Pharma-Unternehmen mit Sitz Saarbrücken. Dessen Geschäftsführer sind SVE-Aufsichtsratschef Frank Holzer, der früher mit Felix Magath für den 1. FC Saarbrücken in der Bundesliga kickte, und sein Sohn Dominik, seit Juli 2011 als Nachfolger seines Vaters Präsident beim derzeitigen Drittliga-Primus.
Wie groß das Budget der Elversberger ist, kann Horst Steffen, seit vier Jahren bei den Saarländern, nicht sagen. „Ich will es auch gar nicht wissen“, beteuert der 53-Jährige, der immerhin verrät: „Manchmal wird es so dargestellt, als hätten wir riesig Geld.“ Und: „Hin und wieder, wenn wir über Spieler und Personal sprechen und feststellen, dass wir bei einem Angebot mal nicht mithalten können, weiß ich aber auch, dass das nicht ganz stimmt.“
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