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Überraschung und erholsame Wohltat –betr.: „Friedrichstraße: Letztes Grün wird zugebaut“, taz vom 27. 5. 99

[...] Ich bin für Blockbebauung, da alle bisherigen Stadtplanungsmodelle im 20. Jahrhundert Zersiedelung, Brachland und Enturbanisierung zur Folge hatten. Das bedeutet aber nicht, daß jede Restfläche voll bebaut werden muß. In einer vernünftigen Blockrandbebauung werden blockinterne und öffentliche Grünbereiche, sogenannte Stadtgärten bzw. Stadtparks, eingeplant und in den urbanen Organismus integriert. Dem Stadtbewohner, dem gestreßten Berufstätigen oder müden Stadtwanderer wird so eine erholsame Oase, ein lärmgeschützter Stadtgarten inmitten verdichteter Stadt geboten. So wie wir sie in Paris nach dem Vorbild des Haussmann-Plans vorfinden und wie sie gegen Ende des letzten Jahrhunderts weltweit in den Städten üblich waren. Von Odessa bis Paris, von Triest über Wien, München bis Antwerpen finden sich noch heute solche von Straßen- und Häuserkarrees eingefaßte, mit Kiosken und Springbrunnen versehene und von der Alltagshektik abgeschirmte, erholsame Grünanlagen. In New York zum Beispiel Bryant Park, Madison Square, Washington Square Park. Auch die Berliner Lustgarten-Gestaltung der wilhelminischen Ära folgte, wie so viele andere Berliner Stadtgärten (Viktoria-Luise-Platz, ehem. Wilhelm- und Belle-Alliance-Platz), diesen allgemein menschlichen Anliegen.

Ich bin ganz der Meinung, daß der Bereich des ehemaligen Wintergartens vor dem Bahnhof Friedrichstraße als Park erhalten werden muß. Diese Fläche könnte natürlich gartenplanerisch noch qualifiziert werden, ist aber als Öffnung und Erweiterung aus einem Straßenfluß inmitten verdichteter Stadtstruktur eine Überraschung und erholsame Wohltat. Schwer nachvollziehbar, wenn eine Stadt sich ihrer Stadtqualitäten aus verengt ökonomischen Zwecken berauben läßt. Es gäbe noch eine weitere Fläche, die ebenso als Straßenkarree-Grünfläche erhalten werden müßte: Es ist die Fläche vor dem Hotelbau aus DDR-Zeiten, dem Hotel Unter den Linden, an der Ecke Unter den Linden/Friedrichstraße. Wer ein Auge hat, der sieht, wer ein Gefühl für Urbanität hat, wird dies erkennen. Werner Brunner, Maler und Autor von: Verblichene Idyllen – Wandmalerei im Berliner Mietshaus der Jahrhundertwende, erschienen 1996, Berlin

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