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Übernachten in JugendherbergenWeniger Häuser, höhere Standards

Die Anzahl der Jugendherbergen nimmt zwar ab, die Bettenzahl jedoch steigt. Mit besseren Komfort versuchen Jugendherbergen mehr Übernachtungsgäste anzulocken.

Die Jugendherbergen versuchen schon seit längerem ihr Image aufzubessern. Bild: dpa

Als der Lehrer Richard Schirrmann 1909 die Jugendherberge erfand, stand er mit seiner Schulklasse im Regen und wusste nicht, wohin. Das Gewitter, das die Gruppe auf einer Wanderung überraschte, brachte ihn auf eine Idee: Alle "wanderwichtigen Orte in Tagesmarschabständen" wollte er durch ein Netzwerk aus Herbergen verbinden.

Generationen wurden seither zu Klassenfahrten oder Sportfreizeiten durch dieses Netzwerk geschleust: Die Jugendherberge wurde zum kollektiven Erlebnis.

Heute bedienen jedoch verstärkt andere den Markt - Konkurrenten sind vor allem die bei Rucksacktouristen beliebten verbandsunabhängigen Hostels.

"Es stimmt schon, das Lebensgefühl von Backpackern scheinen wir nicht immer zu treffen", sagt der Sprecher des Deutschen Jugendherbergswerks, Knut Dinter.

Bild: taz

opentaz – Der Wunsch: In der sonntaz berichten wir jede Woche über ein Thema, das ein Leser oder eine Leserin vorgeschlagen hat. Diesmal lautete die Anregung eines taz-Lesers: "Vielleicht könnten Sie mal recherchieren, warum die Anzahl der Jugendherbergen zurückgeht und die Übernachtungen teurer werden, obwohl doch gewiss die Reisetätigkeit besonders junger Leute nicht zurückgegangen ist."

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Der Weg: Haben auch Sie eine Anregung für uns? Sie erreichen unseren opentaz-Redakteur Sebastian Heiser per Email unter open@taz.de oder postalisch: die tageszeitung, sonntaz, Rudi-Dutschke-Straße 23, 10969 Berlin.

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Diesen Text und viel andere spannende Geschichten lesen Sie in der sonntaz vom 7./8. Mai 2011. Ab Sonnabend gibt es die sonntaz zusammen mit der taz an ihrem Kiosk oder am eKiosk auf taz.de. Die sonntaz kommt auch zu Ihnen nach Hause: per Wochenendabo. Und für Fans und Freunde: facebook.com/sonntaz.

Die Übernachtungszahlen hätten sich aber dank Schulklassen, Gruppen und jungen Familien in den zurückliegenden Jahren "auf hohem Niveau" gehalten.

Die Zahl der Übernachtungen liegt seit 1991 bundesweit konstant bei rund zehn Millionen im Jahr. Die Anzahl der Häuser sank zwar seitdem von bundesweit 643 auf 536, die der Betten pro Jugendherberge stieg aber von 120 auf 141. Geschlossen werden schwer zu sanierende und kleine, schlecht ausgelastete Häuser.

Jedes Jahr werden allerdings fünf bis sechs moderne Herbergen an neuen Standorten eröffnet. Die Kosten der immer hochwertigeren Ausstattung führen auch zu Preiserhöhungen: Eine Übernachtung ist heute mit zwanzig Euro im Schnitt vier Euro teurer als noch im Jubiläumsjahr 2009.

Doch dafür gibt es eben nicht nur ein Bett, sondern eine Nacht Kult mit Komfort.

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5 Kommentare

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  • B
    Bruno

    Die Jugendherbergen haben sich schwer gewandelt, zu meiner Jugendzeit (80er Jahre) war da für 15-18DM eine Übernachtung zu bekommen. Heute liegen wir da bei 22-28 Eur. Eine Familie kommt heute auf 60-80 Eur/Nacht, für das Geld gibt es auch eine Ferienwohnung, die sogar Kühlschrank und Herd beinhaltet und einen Fernseher. Der Komfort ist zwar gestiegen, aber die eigentliche Idee ist ins Hintertreffen geraten- für wenig Geld zu übernachten.

  • HR
    Holger Rasper

    Jugendherbergen sind viel zu teuer. Meist bekommt man ein Zimmer in einer Privatpension günstiger. Nur bei großen Gruppen kann es sich lohnen. Man hat ja schliesslich alle Leute zusammen. Wir haben zwar einen Herbergsausweis der aber fast nie genutzt wird.

  • P
    Piet

    Interessante Beobachtung, ich glaube aber, dass man nicht alle DJH in einen Topf schmeißen kann. Es gibt einfache und moderne. Außerdem spielt das Thema Bildung eine größere Rolle.

    Unter Qualität versteht man hier wohl mehr als nur 24h Bistrobetrieb. So gibt es Umweltjugendherbergen, Sportjugendherbergen etc. pp Ein Blick auf dieses Angebot lohnt sich.

  • HS
    Hans Stoffel

    Ich bin gerade in einem kommerziellen "Hostel" (dieser englische Begriff hat sich in Deutschland zwangsweise eingebürgert, weil der entsprechende deutsche Begriff "Jugendherberge" durch das DJH markenrechtlich geschützt wurde und deshalb von anderen Anbietern nicht verwendet werden darf).

     

    Das Personal wird hier normal bezahlt (keine 1-Euro-Kräfte).

     

    Das Haus ist rund um die Uhr offen und die Rezeption ist 24 Stunden besetzt.

     

    Wlan ist kostenlos.

     

    Man ist Kunde und als solcher König und nicht "Untertan" von "Herbergseltern", die sich wie kleine Götter aufspielen und z.B. einen willkürlich aus seinem Zimmer aussperren, weil man das Bett nicht rechtzeitig bezogen hat.

     

    Apropos Bett beziehen: auch das macht hier das bezahlte Personal.

     

    ... und für das alles zahle ich in der teuersten Großstadt Deutschlands gerade einmal 13 Euro pro Nacht.

     

    Wie kann es sein, das jemand 20 Euro pro Nacht für einen wesentlich schlechteren Service einstreichen darf und außerdem noch durch die Allgemeinheit massiv subventioniert wird?

     

    Es wird Zeit, das DJH im Mülleimer der Geschichte zu entsorgen.

     

    Es grüßt Euch: Stoffel

  • W
    wandervogel

    Wenn ich für meine Pfadfindergruppe eine Fahrt plane, egal ob am Wochenende oder in den Ferien, denke ich keine Sekunde daran in so eine "Jugend"-Herberge zu gehen. 20 Euro pro Nacht? Wir veranschlagen fünf Euro für den gesamten Tag, inkl. Essen und Reisekosten. Mit der ursprünglichen Idee hat dieses System schon lange nichts mehr zu tun.