Über ein Unisex-WC in einer Schule: Offen für alle
Schüler*innen einer Montessori-Gemeinschaftsschule wollten ein geschlechtsneutrales WC. Und bekommen es bald. Sie haben es selbst durchgesetzt.
Alles begann am Anfang dieses Schuljahres. Es wurden wie jedes Jahr neue Vertreter*innen der Sekundarstufe 1 für die vier verschiedenen Lernfamilien – so etwas wie Klassen – unserer Schule gewählt. Die sind dafür zuständig, die Lernenden zu repräsentieren und die Schule im Namen der Schüler*innen mitzugestalten. In diesem Jahr bin ich mit dabei. Wir versuchen, den Bedürfnissen, Wünschen, Sorgen oder Ideen der rund 100 Lernenden nachzugehen.
Auch eigene Vorschläge, die von uns kommen, wollen wir umzusetzen. Zum Beispiel, und das war wohl eins der größten Projekte: eine geschlechtsneutrale Toilette.
Den Wunsch hatten vor allem eine Freundin von mir und ich. Kurz zuvor wurden an dem Oberstufenzentrum meiner großen Schwester ebenfalls solche Toiletten eröffnet, was uns darin bestärkte, dass es an unserer Schule doch auch möglich sein müsste, einen Raum für alle Geschlechter zu bieten und ein Statement zu setzen: Dass es mehr als nur männlich und weiblich gibt und sich doch alle an unserer Schule wohl und willkommen fühlen sollen, ganz genauso, wie sie sind.
Wo jede*r hingehen kann
Die Toilette, die wir geplant hatten, sollte zusätzlich zur Toilette für weibliche Personen und zum WC für männliche Personen existieren und ein Klo für alle sein. Wo jede*r hingehen kann, egal ob männlich, weiblich, etwas dazwischen, nichts von beidem oder etwas komplett anderem. Es sollte, schlicht und ergreifend, für alle sein. Und auch einige Lernende unserer Schule, die schon etwas von dem Projekt wussten, fanden das Vorhaben toll.
Genau das mussten wir den Lehrer*innen klarmachen, die zum Glück großteils auch sehr begeistert von der Idee und motiviert waren, diese umzusetzen. Es mussten einige Dinge geklärt werden: zum Beispiel, welchen Raum wir nutzen könnten. Dafür eignete sich ganz gut die derzeitige Personaltoilette. Zuerst hatten wir die Idee, dass die Lehrer*innen ja dann, statt auf die Personaltoilette zu gehen, auch einfach die Toilette für alle oder die für Jungen bzw. Mädchen nutzen könnten. Aber das ging aus rechtlichen Gründen nicht, da Schüler*innen einen extra Toilettenraum brauchen.
Wir haben aber noch ein weiteres WC gefunden, wo die Personaltoilette, nach einer kleinen Umräumaktion, einziehen konnte. Nun wurde nur noch ein neues Schloss in die baldige geschlechtsneutrale Toilette eingebaut, sodass das ganze Projekt gar nicht so aufwendig oder kostenintensiv umzusetzen war.
In den nächsten Wochen werden wir all die Lernenden unserer Schule darüber informieren und dann steht der Eröffnung unseres Unisex-WCs hoffentlich nichts mehr im Wege.
Charlotte Handorf ist 15 Jahre alt und war Schülerpraktikantin im Berlin-Ressort der taz
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Historiker Traverso über den 7. Oktober
„Ich bin von Deutschland sehr enttäuscht“
Elon Musk greift Wikipedia an
Zu viel der Fakten
Grünen-Abgeordneter über seinen Rückzug
„Jede Lockerheit ist verloren, und das ist ein Problem“
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Das Weihnachten danach
Hoffnung und Klimakrise
Was wir meinen, wenn wir Hoffnung sagen
Der Fall von Assad in Syrien
Eine Blamage für Putin