Über die taz-Genossenschaft: Der rote Faden der Solidarität

Die Leser*innen ermöglichen mit ihrem Geld, dass die taz fundamental unabhängig arbeiten kann. Über die Geschichte der taz-Genossenschaft.

25 Jahre Unabhängigkeit - das muss gefeiert werden Bild: Tim Wagner

von KONNY GELLENBECK

Zwei Tage nach dem Tod von Benno Ohnesorg schrieben Studierende der Freien Universität Berlin ein Statement: „Wir stehen fassungslos vor der Lüge der Polizei, die den Mord als Notwehr bezeichnet … Wir stellen unsere Ohnmacht fest, in Anbetracht der meisten Berichte in den Kommunikationsmitteln Berlins. Wir hoffen, daß endlich Journalisten die Wahrheit berichten.“

Vieles hat sich in der Presselandschaft seit dem Sommer 1967 geändert: Es würde heute, zum Beispiel, keine zwei Tage dauern, bis Berichte veröffentlicht, Meinungen gefasst sind. Die gedruckten Ausgaben der Zeitungen haben heute nicht mehr die zentrale Bedeutung für die Verlage wie in der Nacht, in der die Demonstrierenden die Auslieferung der Bild-Zeitung in Berlin verhinderten. Papierlos und ohne Zeitverzögerung vermitteln Online-Portale nun Nachrichten und Einschätzungen.

Im Kern ist die Unabhängigkeit der Presse auch im digitalen Zeitalter der Schlüssel zu einer demokratischen Gesellschaft. Letztlich wurde die taz 1978 deshalb gegründet. 1992 forderten tazler*innen ihre Leser*innen auf, Genoss*innen zu werden und ihre eigene Zeitung so vor der Insolvenz zu retten. Binnen weniger Wochen wurden 3.000 Leser*nnen Miteigentümer*innen ihrer Zeitung.

Verantwortung der Antrieb, Optimismus der Motor

Die taz hat schon immer auf die Unterstützung und Solidarität ihrer Leser*innen gesetzt – heute würde man die Anfänge ein Crowdfunding-Projekt nennen – und damit übernehmen jene Verantwortung für die taz und deren ökonomischen Erfolg, die die publizistische Unabhängigkeit der Medien wertschätzen. So entsteht ein wertvolles, weil auf Respekt gegründetes Verhältnis zwischen Leser*innen und Zeitungsproduzent*innen.

Jahrgang 1955, kam 1986 zur taz. Seit 1996 kümmert sie sich um die Genossenschaft und ihre Mitglieder. Außerdem ist sie Mitglied im Vorstand der taz Panter Stiftung.

Die taz-Genossenschaft ist ein Vierteljahrhundert gelebte Solidarität. Verantwortung ist der Antrieb, Optimismus der Motor dieser Bewegung. Als die taz von einem Verein zu einer Genossenschaft wurde, waren die Prognosen mittelgrau bis düster, die Idee der Genossenschaft wurde belächelt.

Auch bei der Gründung der taz Panter Stiftung 2008 gab es keinen großen Geldgeber oder Mäzen, sondern 800 Menschen, die ihr Geld für eine gute Sache stifteten. Und voriges Jahr gaben 600 Genoss*innen 120.000 Euro, um für ein Jahr taz.gazete, das deutsch-türkische Onlineportal der taz, zu finanzieren.

Auch von Genoss*innen unabhängig

Alle diese Beispiele zeigen: Die Unterstützung unserer Leser*innen ist ein zentrales Mittel der unternehmerischen Mitwirkung und gesellschaftlichen Gestaltung. Aber bedeuten Geldgeber*innen nicht immer auch Abhängigkeiten, auch wenn es Leser*innen und Unterstützer*innen sind? Können Genossenschaftsmitglieder erzwingen, dass die Berichterstattung der taz nach ihren Wünschen ausfällt?

Satzungsgemäß hat jedoch niemand in der Genossenschaft ein direktes redaktionelles Mitspracherecht. Wir erhalten eine „politische Rendite“, hat ein ehemaliger Aufsichtsrat gesagt.

Das trifft es gut: Am Ende des Tages geht es uns allen um die publizistische Unabhängigkeit. Bei Konflikten, wie zum Beispiel in der Frage, ob die taz Anzeigen der Bundeswehr drucken darf, stellen wir unter unseren Mitgliedern ein Meinungsbild her. Dass diese Form der Partizipation für Redaktion und Verlag ein bedeutendes Instrument, aber keine bindende Abstimmung ist, ist selbstverständlich.

Die taz wird es so lange geben, wie es Menschen gibt, die wollen, dass es uns gibt. Und je mehr die Genossenschaft wächst, desto sicherer wird die Position der taz in einem sich radikal wandelnden Markt.