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„Über die Runden geschlichen“

■ FC Homburg 08 - Bayer Leverkusen 1:1 / Neue Taktik der Saarländer: Mit dem Hinterteil gegen den Abstieg

Aus dem Waldstadion Felix Kurz

Der Grieche im Dienste Leverkusens, Minas Hantzidis, fühlte sich sauwohl am Steuer des Mannschaftsbusses, nachdem ihm der Busfahrer den Motor angeworfen hatte. Überraschend hatte Hantzidis bis zu seiner Auswechslung Sturmspitze bei der Bayer–Werksmannschaft gespielt. Und das mit der Nummer 2 auf dem Trikot. Dies verwirrte kurzfristig Spieler und Zuschauer. Der dribbelstarke, quirlige und pfeilschnelle Hausmann mit der Nummer 10 auf dem Rücken, ansonsten Außenstürmer, tauchte stattdessen in der Abwehr gegen Homburgs Mittelstürmer Wolfgang Schäfer auf und hackte im Stil eines Abwehrspielers kräftig die gegnerischen Spieler bis zur gelben Karte um. Doch seine „Taktik, mehr Druck dadurch zu machen“, sei nicht aufgegangen, bekannte Bayer–Trainer Erich Ribbeck freimütig auf der anschließenden Pressekonferenz. Die fand übrigens im Bierzelt des neuen Sponsors von Homburg, einer saarländischen Brauerei, statt. Angesichts der vielen Pils mochte kaum ein Journalist nachfragen. Homburgs Trainer Uwe Klimaschefski dann doch auf die Frage, ob dem Homburger Tor nicht ein Handspiel vorausgegangen sei. „Über sone Dinge streite ich nicht hin und her“. Ansonsten waren sich alle einig. „Klima“ fand auch dazu die passenden Worte: „Ein gerechtes Ergebnis nach einem schwachen Spiel“. Nach dem 1:0 durch Schäfer habe sich seine Mannschaft „über die Runden schleichen wollen“. Das klappte eben nur halb. Vielleicht lag das auch an der „Wiese“, auf der sich die 22 Akteure rumschlichen. Das wunderschön gelegene, kleine Homburger Waldstadion (es bietet gerade 25.000 Zuschauern Platz) gleicht zur Zeit einer Baustelle und der Rasen einem Acker. Die knapp 8.000 Zuschauer, die sich zur Heimspielpremiere in der zweiten Bundesliga–Saison des FCH bei herrlichem Fußballwetter einfanden, waren nach dem Spiel überzeugt: Die spielen wieder gegen den Abstieg. Wichtigstes Körperteil in diesem nun noch 32 Spieltage dauernden Kampf gegen die Zweitklassigkeit könnte für die Homburger Spieler dabei der Allerwerteste werden. Immer wieder warfen sie sich damit in die Volleys der Leverkusener Falkenmayer, Rolff, Schreier und Co., und halfen so ihrem Keeper Scherer, der immer im Wechsel mit Neuzugang Gregor Quasten - er kam von Waldhof Mannheim - eingesetzt werden soll. Einzig Torschütze Wolfgang Schäfer nutzte neben dem Hinterteil noch seinen Eisenschädel. Natürlich war Schäfers Treffer ein Kopfballtor und er flog wie selbstverständlich kopfüber hinterher. Immer wenn er den Ball an die Birne bekam, wurde es gefährlich. Mit dem Fuß vergeigte er allerdings auch hundertprozentige Chancen. Technik und Spielwitz hat „Klima“ seinen Schützlingen noch nicht vermittelt. Dafür bewegte sich der Trainer mit den absolut krummsten Beinen der Liga im Anzug in der Arena. Sein Vorgänger, Udo Klug, den man als Trainer feuerte und dann als Manager verpflichtete, tat es ihm in der Kleiderordnung nach. Auf Klima bauen die Homburger. Zum vierten Mal trainiert er den Klub. Bislang jedesmal mit Erfolg. Ob er diesmal bei der Hire– und Fire–Mentalität von Präsident Manfred Ommer, der sich mit dem sogenannten Ommer–Modell bei zahlreichen Spielern die Transferrechte gesichert hat und einen schwunghaften Spieler–Handel betreibt, und dem 1.Vorsitzenden Udo Geitlinger in der gesamten Saison seinen Job erfüllen darf, ist ungewiß. Im letzten Jahr brauchten Präsident und 1.Vorsitzender gleich drei Trainer, und man rettete sich gerade auf den 16.Platz. Noch ein Ommer–Modell. Die Leverkusener liefen zwar viel, hatten jedoch trotz des Koreeaners Cha Bum und Neuzugangs „Boxer“ Klaus Täuber (von Schalke) in der ersten Halbzeit keine Torchance. Der Ausgleich in der 74.Minute blieb Auswechselspieler Pierre de Keyser vorbehalten. Wie das 1:0 ein Kopfballtreffer nach einer Standardsituation, einem Eckball. Die beste Tat des Münchner Schiedsrichters Amerell war der Schlußpfiff. HOMBURG: Scherer - Wojcicki - Brendel, Kruszynski - Dooley, Keim, Blättel, Stickroth, Ehrmanntraut - Schäfer, Freiler (69. Westerbeck) LEVERKUSEN: Vollborn - Hörster - Götz, Hausmann - Hantzidis (64. de Keyser), Reinhardt, Rolff, Schreier, Falkenmayer - Cha, Täuber.

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