: Über 200 Juristen bespitzelt
Berlin (dpa) — Der Berliner Verfassungsschutz hat bis in die 80er Jahre Rechtsanwälte und Referendare bespitzelt. Innensenator Erich Pätzold (SPD) bestätigte in einem Schreiben an den Präsidenten der Berliner Rechtsanwaltskammer, daß 226 Juristen in Dateien des Geheimdienstes unrechtmäßig erfaßt worden seien. Er kündigte die Löschung der Daten an. Rechtsanwälte und Referendare sind nach der Darstellung Pätzolds aus unterschiedlichen Gründen vom Verfassungsschutz beobachtet worden. Zum Teil habe lediglich die Erfassung von Rechtsanwälten in Adressenlisten der Roten Hilfe für ihre Registrierung ausgereicht. Der Verfassungsschutz sei davon ausgegangen, daß die Rote Hilfe in den 70er Jahren dem terroristischen Umfeld zuzurechnen gewesen sei. In einem weiteren Fall habe eine in der 'Roten Fahne‘ veröffentlichte Dienstaufsichtsbeschwerde gegen Staatsanwälte zur Aufnahme in die Verfassungsschutzdatei geführt.
Auch habe die Rechtsberatung in der Berliner Mietergemeinschaft zur Erfassung geführt. Pätzold kündigte an, daß alle Rechtsanwälte und Referendare demnächst über ihre Speicherung informiert würden und ihnen Gelegenheit zur Akteneinsicht gegeben werde. Nach der Auskunft würden die Daten dann vernichtet. Pätzold betonte in dem Schreiben, daß er über die „jetzt erkannten Fehlentwicklungen im Landesamt für Verfassungsschutz bestürzt“ sei.
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