USA/Kuba Barack Obama beendet die jahrzehntealte Vorzugsbehandlung kubanischer Einwanderer in den USA. Wer noch reinwill, hat jetzt Pech: „Wie andere Migranten auch“
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Von Bernd Pickert
Nur eine Woche vor dem Ende seiner Amtszeit hat US-Präsident Barack Obama am Donnerstag einen weiteren bedeutenden Schritt zur Normalisierung der Beziehungen zu Kuba unternommen. Mit sofortiger Wirkung verordnete er am Donnerstagabend das Ende der Vorzugsbehandlung kubanischer Migranten in den USA.
Die von Bill Clinton 1995 eingeführte Politik hatte allen Kubaner_innen, die das US-Staatsgebiet erreichen („trockener Fuß“), automatisch das Recht, zu bleiben, zuerkannt. Nach einem Jahr war dann gemäß dem Cuban Adjustment Act der Weg zur unbefristeten Aufenthaltsgenehmigung frei. Kubaner_innen jedoch, die von der US-Küstenwache auf dem Meer aufgegriffen wurden („nasser Fuß“) wurden nach Kuba zurückgeschickt. Diese Regelung war damals eine Folge der sogenannten Balsero-Krise vom Sommer 1994, als über 30.000 Kubaner_innen auf teils abenteuerlichen Flößen (balsas) auf dem gefährlichen Seeweg Richtung Florida flohen.
Als Ergebnis dieser Politik konnten alle Kubaner_innen, die sich etwa am mexikanisch-texanischen Grenzübergang Laredo einfanden, einfach in die USA einreisen, dort auf ihren Sonderstatus pochen und unmittelbar staatliche Hilfe erhalten. Ab jetzt, heißt es in der Erklärung Barack Obamas, „behandeln wir die kubanischen Migranten genauso wie die Migranten aus anderen Ländern“. Das heißt: Ohne Visum keine Einreise, ohne Nachweis von individuellen Asylgründen keine Aufnahme.
Auch ein zweites Programm legt Obama zu den Akten: 2006 hatte George W. Bush außerhalb von Kuba arbeitenden kubanischen Ärzten Anreize geboten, in die USA zu emigrieren. Das gilt ebenfalls seit Freitag nicht mehr. Allein im vergangenen Jahr hatten sich über 1.600 kubanische Ärzt_innen, die in staatlichen Missionen außerhalb Kubas eingesetzt waren, mithilfe dieses Programms in die USA abgesetzt: insgesamt sollen es über 8.000 gewesen sein.
Mit dem Auslaufen dieser Regelungen war allgemein gerechnet worden. Auch deswegen war in den zwei Jahren seit Beginn der Annäherung zwischen den Regierungen der USA und Kubas die Zahl derjenigen, die auf dem Landweg über Ecuador oder Guyana nach Mexiko und schließlich in die USA zu kommen versucht hatten, sprunghaft gestiegen. Im vergangenen Jahr emigrierten über 50.000 Kubaner_innen in die USA.
Kubas Regierung feiert das Ende der Sonderbehandlungen als großen Sieg. Beide Regierungen hatten über ein Jahr lang verhandelt. Kuba verpflichtet sich im Gegenzug, ausgewiesene Kubaner_innen wieder aufzunehmen. Auch gut 2.700 unerwünschte Personen, die unter jenen rund 125.000 Kubaner_Innen waren, die 1980 über den Hafen Mariel in die USA gereist waren, soll Kuba zurücknehmen.
In einer gemeinsamen Erklärung sprechen beide Länder von einer normalen Beziehung und legaler Migration. Die USA verpflichten sich darin, jährlich mindestens 20.000 Einreisevisa an Kubaner_Innen auszustellen.
Dramatisch ist Obamas Entscheidung für alle jene, die derzeit bereits auf dem Weg sind. In US-Medien meldeten sich Kubaner_Innen zu Wort, die in Honduras oder Ecuador festhängen. Meist haben sie in Kuba alles verkauft, um sich auf den Weg zu machen, der sie jetzt nicht mehr zum Ziel führen wird.
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