USA will Regeln zur Netzneutralität: Kampf ums offene Netz

Präsident Obama will in den USA die "Netzneutralität" festschreiben und damit verhindern, dass Provider bestimmte Angebote bevorzugt durch die Kabel leiten. Auch bei uns steht die Debatte an.

Konzerne können kontrollieren, was wie schnell beim Nutzer ankommt. Bild: dpa

Kaum eine politische Debatte ist für die Zukunft des Netzes bedeutsamer als die so genannte Netzneutralität. Dabei sollten deren einfache Regeln selbstverständlich sein: Sie besagen lediglich, dass Internet-Provider dafür zu sorgen haben, dass jeglicher Datenverkehr ohne Kontrolle des Inhalts gleich behandelt und mit voller Geschwindigkeit an den Kunden weitergeleitet wird.

Festgeschrieben hat diese Netzneutralität aber bislang noch niemand. So kam dann auch in den letzten Jahren eine Debatte auf, die die Freiheit des Netzes gefährden könnte. Einzelne Provider in den USA und Europa, die einen Großteil der DSL-Netze kontrollieren, hatten die Idee, Inhalte- und Diensteanbieter im Netz zur Kasse zu bitten - und nicht nur die Kunden, denen sie Netzzugang verkauften.

So sollte dann beispielsweise YouTube extra an den DSL-Versorger AT&T zahlen, weil dieser dann dessen Daten "extraschnell" durchleiten wollte - obwohl YouTube-Betreiber Google für die Bereitstellung seines Angebots schon jetzt viele Millionen an den eigenen Provider zahlt. Bei Technologie- und Internetkonzernen sorgte dies für einen Aufschrei - sie verlangten, dass die zuständige Regulierungsbehörde FCC solche Ideen verbiete.

Was unter der Bush-Regierung aufgrund der Lobbyarbeit der Telekommunikationskonzerne nicht zu stemmen war, soll nun die Obama-Administration umsetzen: Der neue Chef der Federal Communications Commission, der zuständigen Behörde für alle Kommunikationswege, Julius Genachowski kündigte an, man werde bis spätestens 2010 erstmals Regelungen zur Netzneutralität verabschieden. "Die Lehre aus der Geschichte ist ganz klar jene, dass ein robustes und offenes Internet das beste ist, was wir tun können, um Investitionen und Innovationen zu stärken", sagte er. Provider dürften den Datenverkehr nicht nach Belieben beschleunigen und verlangsamen und sich dafür dann Geld zahlen lassen.

Doch noch ist unklar, ob sich Genachowski durchsetzen kann. Er hat sich neben der Regulierung des Festnetz-Internet nämlich gleichzeitig vorgenommen, auch die monopolistischen Strukturen im Mobilfunksektor aufzubrechen. Dort haben beispielsweise Provider Exklusivverträge mit Geräteherstellern geschlossen, so dass etwa Apples iPhone nur bei AT&T (hier zu Lande bei der Telekom) funken kann. Zudem halten die Anbieter ihr Netz deutlich enger im Griff als im Festnetz. So verbietet etwa AT&T die Nutzung von Internet-Telefonie-Diensten über das mobile Internet.

Die fadenscheinige Begründung: Sie würden zu einer Überlastung des Netzes führen. Die eher wahrscheinliche: AT&T fürchtet sich, dass Nutzer lieber kostenlos bis billig über das Internet telefonieren, anstatt die teuren von ihm angebotenen Minutenpakete zu nutzen. In Deutschland ist die Situation ähnlich, wo man etwa bei der Telekom extra bezahlen muss, wenn man alle Internet-Dienste frei nutzen will (nur O2 gibt die Angebote seit kurzem frei). Hinzu kommen strikte Bandbreitenlimits.

In Europa läuft parallel zu den USA ebenfalls eine Debatte um die Netzneutralität - im Rahmen des so genannten Telekompakets, das das Telekommunikationsrecht auf EU-Ebene neu regeln soll. Bislang ist unklar, wer dabei die Oberhand behält. Auch hier engagiert sich die Telekomlobby stark, verspricht unter anderem neue Dienste, wenn sie ihr Netz künftig ganz nach Belieben (und Geldbeutel des Dienstes) sperren oder freigeben darf.

Aber auch wenn die Netzneutralität tatsächlich in Europa gesetzlich festgeschrieben wird, hätten die Provider womöglich noch ein weiteres Ass im Ärmel: Sie könnten beginnen, Downloadbeschränkungen einzuführen, die nur bei "fremdem" Datenverkehr greifen. So hat die Telekom kürzlich begonnen, ihr Highspeed-VDSL-Angebot auch ohne Internet-Fernsehen zu verkaufen.

Der Haken: Nach 100 GB im Monat ist Schluss mit Höchstgeschwindigkeit, dann wird die Bandbreite auf den DSL-Speed von vor vier Jahren reduziert. Kauft der Kunde dagegen das deutlich teurere "Triple Play"-Angebot, bei dem auch noch zig Filmkanäle mitgeliefert werden, wird er nicht durch ein Limit gegängelt.

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