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USA mit historischem Eishockey-TriumphGold für Gaudreau

Der erste Eishockey-Titel bei einer Weltmeisterschaft seit 1933 bedeutet dem US-Team auch aus einem anderen Grund sehr viel.

Kollektive Freude: US-Team freut sich über den WM-Titel auf für den verstorbenen Teamkollegen Foto: Petr David Josek/ap

E ine Zahl begleitete das US-Team durch die Eishockey-Weltmeisterschaft in Dänemark und Schweden bis zu seinem Titelgewinn: Sie lautete 1933 und stand für eine bemerkenswert lange Titelflaute. Die USA hatten seit dem Jahr 2000 zwar fünf WM-Medaillen gewonnen – allesamt waren sie aber nur bronzener Farbe. Am Sonntag kam in Stockholm durch den 1:0-Finalsieg in der Overtime gegen die Schweiz das erste WM-Gold seit 1933 dazu – dank des Golden Goals von Tage Thompson von den Buffalo Sabres. „Wir haben darüber gesprochen, als das Turnier begann. Beim ersten Teammeeting … 1933, richtig? Das kam zur Sprache. Für US-Eishockey ist das nicht gut genug, das wollten wir ändern“, sagte Coach Ryan Warsofsky von den San José Sharks, der das US-Team bei der WM betreute.

Warsofskys junge Mannschaft, deren Altersschnitt bei 24 Jahren lag, hatte sich nach einem 0:3 beim WM-Auftakt gegen die Schweiz von Begegnung zu Begegnung gesteigert. Beim 6:2 im Halbfinale gegen Gastgeber Schweden war die Leistung so herausragend wie im Endspiel. Das US-Team zeigte modernes Eis­hockey – aggressiv, mit hoher Geschwindigkeit, körperlicher Präsenz und mannschaftlicher Geschlossenheit. In etwa so, wie man es von Kanada erwartet hatte, das sich trotz der Beteiligung von Superstar Sidney Crosby im Viertelfinale mit einem 1:2 gegen Außenseiter Dänemark verabschiedete.

In den USA sind Eishockey-Weltmeisterschaften dem Publikum – genauso wie in Kanada – in der Regel nicht allzu wichtig. Traditionell finden gleichzeitig die Playoffs der National Hockey League (NHL), der besten Eishockey-Liga der Welt, statt. Die WM gilt als das Turnier der schon ausgeschiedenen Spieler, die noch Lust und Energie haben, nach Europa zu reisen. Diesmal war das Interesse größer – nicht nur wegen der historischen Note des Erfolgs der US-Mannschaft.

Der Triumph hatte auch eine emotionale Komponente. In der Mannschaftskabine hing während des Turniers ein Trikot mit der Nummer 13 – in Gedenken an Johnny Gaudreau, der Ende August 2024 mit seinem Bruder Matthew bei einem Fahrradunfall im Alter von 29 Jahren ums Leben kam. Drei Monate zuvor hatte er noch bei der WM in Tschechien gespielt. Ihm widmeten seine Teamkollegen den Sieg. „Diese Goldmedaille gehört ihm und dem Vermächtnis, das er für alle US-Eishockeyspieler hinterlassen hat“, sagte Torhüter Jeremy Swayman, der im Finale mit 25 Paraden geglänzt hatte. „In jedem einzelnen Spiel wussten wir, dass er bei uns war und unseren Geist getragen hat – also ist dieses Gold für ihn.“

Aufschwung im US-Hockey

Teamkollege Zach Werenski hob die stets vorbildliche Einstellung des verstorbenen Flügelspielers hervor. „Er war jemand, der – wenn er nicht in den Playoffs stand – hier war und für USA Hockey gespielt hat“, sagte der Verteidiger von den Columbus Blue Jackets. „Ich denke, genau das sollte das Ziel eines jeden US-Eishockeyspielers sein. Niemand hat diese Goldmedaille mehr verdient als er.“

Ein weiterer Punkt: Der WM-Sieg wird als Zeichen eines neuen Aufschwungs im US-Hockey gewertet. In der NHL nimmt der Anteil der US-Profis stetig zu. Während in der Saison 1999 etwa 17 Prozent der NHL-Spieler aus den USA stammten, liegt der Anteil inzwischen bei knapp 30 Prozent. Die Kanadier stellen mit rund 40 Prozent noch den größten Block.

Apropos Kanada: Im Februar hatte das US-Team beim 4-Nations Face-Off 2025 – einem Eishockeyturnier mit NHL-Spielern aus den USA, Kanada, Finnland und Schweden, für das die Liga pausiert hatte – den zweiten Platz belegt, dabei in der Vorrunde Kanada mit 3:1 besiegt. Das Finale war knapp, der Kanadier Connor McDavid schoss erst in der Verlängerung das Tor zum 3:2-Sieg seines Ahornblatt-Teams.

Das nächste große Turnier werden die Winterspiele in Mailand und Cortina d’Ampezzo im kommenden Februar sein. Zum ersten Mal seit Sotschi 2014 stellt die NHL ihre Spieler wieder für Olympia frei. Dort will das US-Team seine erfolgreiche Linie fortführen. Goalie Swayman sprach sogar von einer „neuen Ära“, die begonnen habe. „Die WM war ein Anfang. Wir wollen, dass es so bleibt. USA Hockey ist gekommen, um zu bleiben – und das ist unser erster Schritt in diese Richtung.“

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