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■ McCash Flows OrakelUSA im Fieber

Spekulation, so heißt es in den Korinther– Briefen (kein Börsendienst sondern The Holy Bible, 1. Kor., 13, 12.), ist die „Erkenntnis Gottes aus seinen Werken“. Heutzutage freilich hat es den Anschein, als ob die Werke, d.h. die Werte völlig aus dem Blick geraten sind und die Spekulation völlig freischwebend ihre Blüten treibt: der Dow Jones Index, der nicht unbedingt aussagekräftigste, aber bekannteste Börsen– Index der Welt, übersprang am vergangenen Donnerstag die magische Grenze von 2000 - Wall Street feierte sich mit Jubel, Schampus und Zigarren. Die Optimisten, die nach dem Index–Knacks im Herbst 86 darauf bestanden, daß diese technische Reaktion notwendig sei, um die Marke 2.000 danach in einem Rutsch zu überspringen, haben recht behalten, und einiges spricht dafür, daß die jetzt anvisierten 2.500 oder gar der Wahnsinns–Dow von 3.000 Punkten über kurz oder lang realisiert werden - mit der wirtschaftlichen Realität indessen hat das genausowenig zu tun wie schon der Rekord der vergangenen Woche. Es gibt keine rationalen Daten, die den Boom der US–Behörde erklären könnten - mit jedem Dow Jones Punkt nach oben wächst das Mißverhältnis zur Wirklichkeit, dem minimalen Wachstum und der horrenden Verschuldung sowohl im öffentlichen als auch im privaten Bereich. Wenn also jetzt die Statistiker voraussagen, daß die ersten fünf Börsentage eines Jahres seit je als bauernregelhafte Voraussicht auf das Börsenjahr gelten und 1987 ein Jahr der Rekorde zu werden verspricht, fühlt man sich schon ein wenig an das jeglichen Realitätssinn entbehrende Spekulationsfieber der späten 20er erinnert. Daß damals hochrangige Wirtschafts–Cracks von Crash nichts hören wollten - drei Wochen vor dem Schwarzen Freitag noch tönte John Meynard Keynes: „Es kommt keine Krise mehr in unserer Zeit“ - sollte für die Bewertung heutiger Spezialisten–Aussagen zu denken geben. McCash Flow empfiehlt, Gewinne nicht laufen zu lassen, sondern regelmäßig mitzunehmen.

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