US-Wirtschaftspolitik: Wer hat Angst vor Trumps Zollplänen?
Trump plant Zölle auf Stahl- und Aluminiumimporte. In Deutschland träfe das eine Branche, die bereits kriselt. Doch man gibt sich vorbereitet
Donald Trump könnte mit seinen Zöllen bald direkt die deutsche Wirtschaft treffen. Der US-Präsident kündigte am Sonntag allgemeine Zölle in Höhe von 25 Prozent auf Importe von Stahl und Aluminium an. Details wollte er am Montag verkünden. Bis Redaktionsschluss waren sie nicht bekannt. Während die Politik in Europa bereits Gegenmaßnahmen plant, ist die hiesige Branche beunruhigt.
Bereits in seiner ersten Amtszeit hatte Trump Zölle auf Stahl- und Aluminium aus der EU verhängt, ein Wahlkampfversprechen, um die heimische Stahlproduktion wieder anzukurbeln. Die EU hatte mit Zöllen unter anderem auf Bourbon und Motorräder geantwortet. In der Folge brach der Stahlexport aus der EU in die USA massiv ein – von 5,2 Millionen Tonnen im Jahr 2018 auf 2,5 Millionen 2020.
Joe Biden ersetzte Trumps Regelungen durch eine Kontingentlösung. Seither können die Produzenten aus der EU eine bestimmte Menge zollfrei in die USA verkaufen. Der Rest wird verzollt. So blieben im Jahr 2022 knapp 85 Prozent der Stahl- und 75 Prozent der Aluminiumimporte aus der EU zollfrei.
Die europäische Politik ist offenbar bereits auf neue Zölle vorbereitet. Die EU könne binnen einer Stunde gemeinsam reagieren, sagte Bundeskanzler Scholz bereits am Sonntagabend beim TV-Duell mit Friedrich Merz. Auch Wirtschaftsminister Robert Habeck betonte, man sei vorbereitet: „Europa muss und kann nur geschlossen und entschlossen auf einseitige Handelsbeschränkungen reagieren“, so Habeck am Montag nach einem Treffen mit Wirtschaftsverbänden. Zuvor hatte der Grünen-Politiker mit EU-Handelskommissar Maroš Šefčovič telefoniert.
Frankreichs Außenminister Jean-Noël Barrot
Stahlabwärts
Auch Frankreichs Außenminister Jean-Noël Barrot kündigte am Montagmorgen im Fernsehen europäische Gegenmaßnahmen an: „Es gibt kein Zögern, wenn es darum geht, unsere Interessen zu verteidigen.“ Die EU-Kommission werde „die Sektoren festlegen, die Gegenstand dieser Vergeltungsmaßnahmen sein werden“.
Zwar dürfte sich der gesamtwirtschaftliche Schaden der angekündigten Zölle in Grenzen halten. Auf die Stahl- und Aluminiumindustrie entfallen lediglich zwei beziehungsweise ein Prozent der gesamten deutschen Exporte. Doch treffen Trumps Drohungen eine Branche, die bereits die schwache Konjunktur und hohen Energiepreise spürt.
Vergangenes Jahr produzierte die deutsche Industrie 37,2 Millionen Tonnen Rohstahl. Zum Vergleich: In den 2010er Jahren waren es in der Regel mehr als 40 Millionen Tonnen jährlich. In Deutschland wird Stahl zu zwei Dritteln für die Automobilindustrie und das Baugewerbe gebraucht.
„Die Ankündigung des US-Präsidenten, Strafzölle auf alle Stahlimporte zu verhängen, trifft die Stahlindustrie in Deutschland und in der Europäischen Union in mehrfacher Hinsicht – und zur Unzeit“, warnt der Präsident der Wirtschaftsvereinigung Stahl, Gunnar Groebler. Allein aus Deutschland werde jedes Jahr rund eine Million Tonnen meist Spezialstähle in die USA exportiert. Gerade für die hiesige Stahlindustrie seien die USA ein wichtiger Markt.
Deutschland nur auf Platz 7
Der Verband befürchtet zudem, dass ausländische Stahlproduzenten wegen Trumps Zöllen auf den EU-Markt drängen. „Denn die Zölle auf Stahl, die von den USA angekündigt sind, werden zu Mengenumleitungen nach Europa führen, wodurch der ohnehin bestehende Importdruck durch Überkapazitäten aus China weiter verstärkt wird“, warnt Groebler.
Wichtigster Stahllieferant der Vereinigten Staaten war vergangenes Jahr indes Kanada mit einem Volumen von knapp 6,6 Millionen Tonnen, gefolgt von Brasilien und Mexiko. Deutschland landete auf dem siebten Platz.
Donald Trump hat zuletzt mehrfach mit neuen Zöllen gedroht. Vor einigen Tagen sorgte er international für Aufregung, als er Zölle auf Importe aus Kanada, Mexiko und China beschloss. Nach Krisengesprächen verschob er jene für Waren aus Mexiko und Kanada bis Anfang März.
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