US-Wahl in den sozialen Medien: Die Schlammschlacht
Der US-Wahlkampf wurde auch im Netz ausgetragen, inclusive Betrugsvorwürfe. Trump-Unterstützer Elon Musk meldete Rekordzugriffe auf seiner Plattform X.
Trumps Wahlkampfteam rief seine Anhänger*innen auf der Plattform X dazu auf, „Wahlbetrug“ zu melden. In einem Post heißt es „Wenn ihr etwas seht, sagt etwas: Meldet Wahlbetrug“. Trump selbst hatte in den vergangenen Wochen immer wieder Wahlbetrugsängste geschürt. Zuvor kursierten Videos von nicht funktionstüchtigen Wahlmaschinen. Diese stellten sich jedoch als Fälschungen heraus.
Am Dienstagabend hiesiger Zeit wurden die Vorwürfe des Ex-Präsidenten dann konkreter: „Viel Gerede über massiven Betrug in Philadelphia. Die Strafverfolgung ist unterwegs“, schrieb er auf seinem eigenen Kurznachrichtendienst Truth Social. Keine Überraschung, antworten einige Nutzer*innen. Denn im Swing State Pennsylvania begann es kurzzeitig schlecht auszusehen für Trump. Inzwischen ist klar, dass Trump Pennsylvania für sich gewinnen konnte. Seth Bluestein, City Commissioner von Philadelphia, widersprach Trumps Darstellung scharf, an den Vorwürfen sei „absolut nichts dran“.
Empfohlener externer Inhalt
Auch die berüchtigte Trump-Influencerin Laura Loomer sparte nicht mit dem Vorwurf des Wahlbetrugs. Sie beschuldigte den demokratischen Ex-Präsidenten Barack Obama, mit den Demokraten die Wahl stehlen zu wollen. Der hatte angemerkt, dass es zuletzt 2020 mehrere Tage gedauert hätte, alle Stimmzettel auszuzählen und es daher sehr unwahrscheinlich sei, dass ein Ergebnis noch in der Nacht feststehe. Loomer und andere Trump-Vertraute hatten zuvor mehrfach die lange Auszähldauer als verdächtig bezeichnet.
Von der Gegenseite fielen die Vorwürfe deutlich subtiler aus. Ein X-Nutzer schreibt als Antwort auf Trumps frühere Ankündigung, „illegal Wählende“ hinter Gitter zu bringen: „Wenn ihr legal wählt, kommt ER hinter Gitter“, eine Anspielung auf die laufenden Prozesse gegen Trump. Der Nutzer Alex Cole fand hingegen schärfere Worte. Er postete ein Video von zwei jungen Männern, die in ihrem Auto gutgelaunt einen Rap-Song mit dem Text „F*** Donald Trump“ hören.
Empfohlener externer Inhalt
Feuerwerk von Elon Musk für Trump
Der demokratische Politiker Jamie Raskin mahnte an, ihm seien Aussagen in den Mund gelegt worden, die er nicht getätigt habe. Zuvor hatte der X-User Larry Jones Junior ein Bild von Raskin mit einem vermeintlichen Zitat gepostet. Raskin solle gesagt haben: „Wir werden die Wahl nicht zertifizieren. Er mag gewinnen, aber wir werden sicherstellen, dass er keinen Fuß ins Oval Office setzt.“ Die Angaben ließen sich bisher nicht überprüfen.
Besonderes Aufsehen erregte, wenig überraschend, X-Chef Elon Musk. Der hatte als Gast bei Podcaster Joe Rogan am Montagabend abermals seine Unterstützung für Trump bekräftigt. Er sagte: „Wenn wir nicht Trump wählen, denke ich, dass wir die Demokratie in diesem Land verlieren werden.“ Auf Youtube wurde die Episode von Rogans Podcast inzwischen mehr als 12 Millionen Mal angeschaut. Rogans zugehöriger Tweet vom Dienstag, in dem er ebenfalls seine Unterstützung für den Republikaner zum Ausdruck brachte, kam sogar auf über 45 Millionen Views.
Empfohlener externer Inhalt
Musk ist einer der aktivsten Unterstützer Donald Trumps. Er postet auf seiner Plattform in hoher Frequenz politische Nachrichten, vor allem zugunsten Trumps. Der NGO Center for Countering Digital Hate (CCDH) zufolge erreichten Musks Posts seit Juli dieses Jahres rund 17,1 Milliarden Views – mehr als doppelt so viel wie alle US-Wahlkampfanzeigen („political campaining ads“) auf X im gleichen Zeitraum zusammen. Anzeigen mit dieser Reichweite hätten laut der Organisation einen Gegenwert von rund 24 Millionen US-Dollar. Musk selbst zufolge erreichten die Nutzungszahlen auf X am Wahltag Rekordwerte.
Absurde Karikaturen über Musk, Rogan und Trump
Welchen Einfluss auf die Wahl Musk und Rogan von ihren Fans zugesprochen wird, zeigt auch auf einer verstörenden Karikatur, die im Netz kursiert. Diese zeigt einen muskelbepackten, oberkörperfreien Musk, der einen kleineren Rogan auf seinen Schultern trägt, welcher wiederum ein Baby mit den Zügen Donald Trumps gen Himmel hält.
Die Demokratin Kamala Harris stimmte zuletzt mildere Töne als ihr Kontrahent an. Sie rief ihre Unterstützer*innen auf, wählen zu gehen und in der Schlange zu bleiben, auch wenn die Wahllokale schließen, um von ihrem Recht Gebrauch zu machen. Sängerin Beyoncé Knowles drückte auf Instagram ihre Unterstützung für die demokratische Kandidatin aus und zeigte sich mit Harris-Shirt.
Empfohlener externer Inhalt
Ein besonders trauriges Beispiel für den politischen Diskurs in den USA lieferte der Podcaster Joey Mannarino mit einer halben Million Follower*innen auf X. Er hatte vor der Wahl angekündigt, sich vor laufender Kamera zu kastrieren, sollte Kamala Harris den Bundeststaat Iowa gewinnen, so sicher sei er, dass dies nicht passieren werde. Eine Umfrage hatte Harris dort kurz vor der Wahl in Führung gesehen. Nun ging der traditionell republikanische Staat an Trump – Glück für Mannarino und die Netzcommunity.
In Deutschland ging es, auch abseits des Internets, etwas heiterer zu: „Tagesthemen“-Sprecher Ingo Zamperoni versprach sich während eines Interviews und nannte Donald Trump beinahe Donald Duck. Dafür erhielt er großen Beifall im Netz.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Lohneinbußen für Volkswagen-Manager
Der Witz des VW-Vorstands
Anschlag in Magdeburg
Vorsicht mit psychopathologischen Deutungen
Insolventer Flugtaxi-Entwickler
Lilium findet doch noch Käufer
Polizeigewalt gegen Geflüchtete
An der Hamburger Hafenkante sitzt die Dienstwaffe locker
Preise fürs Parken in der Schweiz
Fettes Auto, fette Gebühr
Rekordhoch beim Kirchenasyl – ein FAQ
Der Staat, die Kirchen und das Asyl