: US-Truppen im Irak sollen in die Türkei
■ Multinationale „Schnelle Eingreiftruppe“ zum Schutz der irakischen Kurden/ Letzte Einheiten der „Operation Provide Comfort“ werden aus dem Nordirak in die Türkei verlegt/ Washington verhärtet Linie gegenüber Bagdad in der Rüstungsfrage
Washington (wps/ap/taz) — Eine multinationale Schnelle Eingreiftruppe in einer Stärke von etwa 5.000 Mann soll unweit der irakischen Grenze in Türkisch-Kurdistan stationiert werden, um die Kurden des Irak zu schützen. Als logistische Basis für die Eingreiftruppe wird der Nato- Luftwaffenstützpunkt Incirlik in der Südtürkei dienen. Nach Aussagen aus US-Militärkreisen und einer Erklärung des Sicherheitsberaters von George Bush, Brent Scowcroft, werden sich die USA an dieser Einheit zu etwa einem Drittel beteiligen und das Kommando der Truppe übernehmen, die außerdem „symbolische“ Kontingente aus Großbritannien, Frankreich, Italien, Belgien, Spanien, der Niederlande und der Türkei einschließen soll.
Um die Eingreiftruppe zu bilden, werden die noch etwa 1.500 US-Soldaten, die bisher im Rahmen der „Operation Provide Comfort“ im Nordirak stationiert waren, bis zum 20.Juli abgezogen. 1.000 bis 1.200 von ihnen sollen danach im türkischen Silopi stationiert werden. Damit ist die „Operation Provide Comfort“ zum Schutz der irakischen Kurden offiziell beendet. Als einzige verbleibende ausländische Truppen werden dann noch 500 leichtbewaffnete UN-Blauhelme im Norden des Irak stehen.
Noch etwa 44.000 US-Soldaten bleiben in der Golfregion stationiert — hauptsächlich in Saudi-Arabien, Kuwait und auf Schiffen im Persischen Golf. Bis September sollen die letzten US-Bodentruppen die Region verlassen haben.
Während die direkte militärische Präsenz der USA im Irak somit ein Ende findet, verhärtet Washington seine diplomatische Linie gegenüber der irakischen Regierung. Diskussionen zwischen den USA und Mitgliedern des UN-Sicherheitsrates sind derzeit im Gange, um eine Art internationale Obhut über die irakische Rüstung zu institutionalisieren. So schlagen US-Beamte vor, die Inspektionsteams der UNO und der Wiener Atomenergiebehörde mit Hubschraubern und schnellen Fahrzeugen auszurüsten und ihre Arbeit durch Satellitenüberwachung zu ergänzen. Auch militärische Aktionen sollten nicht ausgeschlossen werden (siehe unten). „Wir wollen einen Mechanismus einrichten, so daß im Falle auch nur eines Anzeichens, daß der Irak die UNO-Resolutionen verletzt, wir, die Weltgemeinschaft und die UNO sicher sein können, daß die entsprechenden Installationen zerstört werden“, sagte George Bush am Mittwoch.
Die Pläne sollen nächste Woche im Detail erörtert werden, wenn Bush sich in Europa aufhält. Einige UN-Diplomaten sind sogar der Auffassung, eine neue Resolution müsse verabschiedet werden, mit der der Irak gezwungen wird, alle „Massenvernichtungswaffen“ zu zerstören.
Auch in der Frage der Aufhebung von Sanktionen gegen den Irak ist in UNO-Kreisen noch keine Konzessionsbereitschaft zu erkennen. Auf den Antrag der Regierung in Bagdad nach Freigabe gesperrter irakischer Devisen, um dringend benötigte Lebensmittel und Medikamente zu kaufen, wird die UNO nach Meinung westlicher Diplomaten erst dann reagieren, wenn der gegenwärtige Streit um die irakischen Atomanlagen beigelegt ist. Der österreichische UNO- Botschafter Peter Hohenfellner, Vorsitzender des UN-Sanktionsausschusses, sagte, man wolle vor einer Entscheidung erst den Bericht einer UNO-Delegation abwarten, die gegenwärtig im Irak den Bedarf der Zivilbevölkerung untersuche. Der Bericht liegt vermutlich in der nächsten Woche vor.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen