US Supreme Court urteilt zur Homo-Ehe: „Viel größer als nur wir beide“

Das oberste US-Gericht verhandelt über die Homo-Ehe. Für Paare bisher ein harter Weg durch alle möglichen Instanzen. Die Entscheidung könnte landesweite Bedeutung haben.

Liebe steht über dem Verbot gleichgeschlechtlicher Ehen – Demonstranten am Montag in San Francisco. Bild: reuters

BERKELEY ap | Für gleichgeschlechtliche Paare in den USA steht in dieser Woche viel auf dem Spiel: Der Oberste Gerichtshof verhandelt über die Homo-Ehe. In 40 US-Staaten ist schwulen oder lesbischen Paaren eine Eheschließung bislang verboten.

Bei einer Anhörung am Dienstag sollte es um die Klage eines lesbischen Paars gehen, das erreichen will, dass das Verbot gleichgeschlechtlicher Ehen in Kalifornien aufgehoben wird und solche Eheschließungen landesweit zugelassen werden.

Das Verbot in dem US-Staat war in einem Volksentscheid von den Wählern bestätigt worden. Seine Befürworter machen daher geltend, dass sich das Gericht nicht über eine demokratische Entscheidung hinwegsetzen sollte.

In einem zweiten Fall, der am Mittwoch verhandelt wird, geht es um das Bundesgesetz zum Schutz der Ehe. Darin ist festgelegt, dass verheiratete gleichgeschlechtliche Paare – anders als heterosexuelle Ehepaare – nicht in den Genuss von Steuer-, Renten- und einer Reihe anderer Vergünstigungen kommen.

In der US-Öffentlichkeit ist in den vergangenen Jahren ein Meinungsumschwung zugunsten von mehr Rechten für Schwule und Lesben festzustellen. Im Wahlkampf sprach sich Präsident Barack Obama im vergangenen Jahr für eine Zulassung gleichgeschlechtlicher Ehen aus, und seit seiner Wiederwahl setzt er sich deutlicher für die Rechte Homosexueller ein.

Endloser Weg durch die Instanzen

Kris Perry und Sandy Stier erklärten sich vor vier Jahren gemeinsam mit einem weiteren gleichgeschlechtlichen Paar, Paul Katami und Jeff Zarrillo, bereit, in dem vielbeachteten Verfahren gegen das kalifornische Verbot der Homo-Ehe als Klägerinnen aufzutreten. Der Weg durch die unteren Instanzen habe sich scheinbar endlos hingezogen, sagte die 48-jährige Perry.

2003 hatte Perry ihrer Freundin Stier einen Heiratsantrag gemacht, und seither durchlebte das Paar eine juristische Achterbahnfahrt. Beide planten zunächst eine symbolische, wenngleich offiziell nicht anerkannte Hochzeit.

Doch dann wies der damalige Bürgermeister von San Francisco, Gavin Newsom, die Stadtverwaltung 2004 an, gleichgeschlechtlichen Paaren Heiratsurkunden auszustellen. Also heirateten Perry und Stier offiziell, doch das galt nur kurze Zeit. Sechs Monate später erklärte das Oberste Gericht Kaliforniens die gleichgeschlechtlichen Verbindungen für ungültig.

Weniger als vier Jahre später kippte das selbe Gericht jedoch das kalifornische Verbot gleichgeschlechtlicher Ehen. Das Verbot wurde aber von den Wählern in Kalifornien 2008 bestätigt, die Entscheidung des Obersten Gerichts des Staats damit aufgehoben und eine Ehe als Verbindung zwischen Mann und Frau definiert. Sechs Monate danach reichten Perry und Stier ihre Klage ein, nachdem sie vor einem Bezirksgericht eine amtliche Heiratserlaubnis beantragt hatten und erwartungsgemäß abgewiesen worden waren.

Perry und die 50-jährige Stier leben seit 2000 zusammen, gemeinsam mit ihren Kindern aus früheren heterosexuellen Beziehungen. Perry beschäftigt sich beruflich mit frühkindlicher Bildung, Stier arbeitet bei der Gesundheitsbehörde der Bezirksverwaltung.

Nicht mehr am Kindertisch

Bevor sie den Kampf um das Recht auf Ehe aufnahmen, sahen sie sich selbst nicht als Aktivistinnen. Doch inzwischen nehmen sie das Thema sehr ernst. Dass ein US-Präsident sich für das Recht gleichgeschlechtlicher Paare auf Eheschließung einsetzen würde, hätten sie nicht erwartet.

Als Obama in seiner Antrittsrede im Januar über gleiche Rechte für homosexuelle Amerikaner sprach, habe sie sich gefühlt, als ob „wir am Tisch der Erwachsenen angekommen sind“, sagte Perry. „Wir sitzen nicht mehr am Kindertisch.“

Das Paar weiß, dass das Oberste Gericht das Verbot gleichgeschlechtlicher Ehen in Kalifornien bestätigen könnte. Dies würde voraussichtlich dazu führen, dass Wähler dort versuchen würden, es zu kippen. Jüngsten Umfragen zufolge könnten sie damit erfolgreich sein.

Solch ein Ergebnis könnte wiederum Nachahmer in anderen US- Staaten finden. Andererseits wüssten die rund 40 Staaten, in denen eine gleichgeschlechtliche Ehe nicht erlaubt ist, nach einer derartigen Entscheidung, dass die Beschränkung der Ehe auf eine Verbindung zwischen Mann und Frau kein Verfassungsproblem ist.

Perry sagt, sie und Stier hofften, dass das Gericht einen ganzheitlichen Ansatz finde und eine möglichst großzügige Entscheidung treffe. Die Optionen reichen von einer Aufhebung des Verbots nur in Kalifornien bis hin zur Aufhebung von Verfassungsstatuten gegen die gleichgeschlechtliche Ehe in den gesamten USA.

Fällt ein Urteil zu ihren Gunsten, wollen Perry und Stier rasch heiraten, mit einer kleinen Zeremonie im privaten Kreis. „Die große Feier haben wir vor langer Zeit abgehalten“, sagt Perry. „Ich hoffe, dass dies etwas wird, das viel größer ist als nur wir beide.“

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