US-Radiomoderator Limbaugh: Der Republikaner-Flüsterer
Dass der erzkonservative Radio-Moderator Rush Limbaugh zum Vordenker der amerikanischen Rechten aufgestiegen ist, freut allein die Demokraten.
Barack Obamas Stabschef Rahm Emanuel konnte nur schwer seine Genugtuung verbergen, als er letzte Woche vom Fernsehsender CBS gebeten wurde, die jüngsten Entwicklungen in der republikanischen Partei zu kommentieren. "Rush Limbaugh ist heute die Stimme und die intellektuelle Kraft der Republikaner", diagnostizierte verschmitzt der demokratische Politstratege, dem nachgesagt wird, dass er mit allen Wassern von Washington gewaschen ist. Und etwas Besseres, als dass der erzkonservative Radio-Moderator jetzt die Partei von George Bush und John McCain anführt, das wurde aus dem zufriedenen Tonfall von Emanuels Huldigung an Limbaugh deutlich, kann Obama und den Demokraten nicht passieren.
Der Aufstieg von Limbaugh zum neuen Anführer der Rechten in Amerika gibt Obamas Entourage schon allein aus einem Grund Anlass zum Frohlocken: Limbaugh hat gar keinen politischen Posten. Dennoch hat Limbaugh, dem täglich rund 15 Millionen Menschen in den USA bei seiner dreistündigen Sendung zuhören, anscheinend mehr Macht als jeder gewählte Funktionär der republikanischen Partei. So machte sich der neu gewählte Parteichef der Republikaner, Michael Steele, zum Gespött der Nation, als er vor Limbaugh tief in die Knie ging. Steele entschuldigte sich ausufernd bei Limbaugh dafür, dass er den Kurzwellen-Hetzer, offensichtlich von dessen Popularität pikiert, in einer Fernsehsendung als "bloßen Unterhalter" abgetan hatte. Er habe sich im Ton vergriffen, räumte Steele ein, er sei nicht ganz bei sich gewesen. Anscheinend wäre es Steele politisch nicht gut bekommen, sich offen gegen Limbaugh zu stellen.
Der Vorgang war allerdings nicht der einzige Beleg in letzter Zeit für den desolaten Zustand der Republikaner nach acht Jahren George Bush. Dem Limbaugh-Vorfall vorangegangen war der nicht minder befremdliche Auftritt des als neuer Star der Partei gehandelten Gouverneurs von Louisiana Bobby Jindal nach Obamas Grundsatzrede zur Wirtschaft vor dem Kongress. Jindal gab bei seiner Riposte eine derart peinliche Vorstellung ab, dass die meisten seiner Parteigenossen am liebsten im Boden versunken wären. "Es war ein kompletter Flop", gestand selbst der republikanische Parteistratege David Johnson. Jindals Auftreten habe nach der Obama-Rede extrem unbeholfen gewirkt. Darüber hinaus hatte seine dümmliche Wahl ausgerechnet von Hurrikan "Katrina" als Argument gegen Regierungsinterventionen die Position der Republikaner komplett untergraben.
"Obama muss sich um die Republikaner keine Sorgen machen", schrieb nach all dem New-York-Times-Kolumnist Frank Rich. "Sie begehen gerade Selbstmord." So marode ist die Partei, dass die Genossen sich lieber außerhalb ihre Leitfiguren suchen. Da kam Limbaugh mit seiner Rede vor dem Conservative Political Action Committee am vorvergangenen Wochenende gerade recht. Limbaugh ist charismatisch und eloquent und er erinnerte die verschüchterten Rechten lauthals daran, wofür sie eigentlich stehen. Obamas Politik der großen Regierungsprogramme widerspräche diametral amerikanischen Grundwerten, hetzte er zu tosendem Applaus. Der Präsident überschreite bei weitem sein Mandat, indem er versuche, "das Land nach seinem Bild zu formen anstatt sich nur als sein vorübergehender Hüter zu gebärden." Deshalb wünsche er sich, dass Obama scheitert.
Dass sich die Konservativen um Limbaugh scharen und sich auch noch nach ihrer Pleite im vergangenen November genau an jene verbohrten Positionen klammern, die sie ihre Basis gekostet haben, ist freilich für die Obama-Leute ein unwiderstehliches politisches Festmahl. "Es ist hervorragend für uns", gibt der demokratische Stratege und Exberater von Bill Clinton, James Carville, zu. Schließlich sei Limbaugh durch seine jahrzehntelangen Hassreden im Radio außerhalb eingeschworener rechter Kreise eine der unbeliebtesten Figuren der USA: "15 Millionen lieben ihn, 50 Millionen hassen ihn," so Carville. Obamas Wahlkampfmanager David Plouffe schrieb deshalb auch kürzlich in der Washington Post: "Wenn die Republikaner diese Linie weiterfahren, werden wir bald beobachten können, wie es ist, wenn eine Partei völlig zerfällt."
Diejenigen Konservativen, die aus der Bush-Ära ihre Lehren ziehen und einen wirklichen Neuanfang wagen wollen, verzweifeln derweil. "Das Einzige, was beängstigender wäre, als dass Obamas Experiment scheitert", schreibt David Brooks, der sich als moderater Republikaner bezeichnet, in der New York Times, "ist, dass die Macht wieder den Republikanern in ihrem augenblicklichen Zustand zufällt." Brooks glaubt an einen Konservatismus, der an die Zeit vor der "revanchistischen Ära" der 70er- und 80er-Jahre anknüpft und der "nicht zerstören will, sondern konservieren." Leider ist er damit weitgehend isoliert. So hat Michael Steele in der vergangenen Woche gelobt, er werde sich gegen die Wiederwahl jener republikanischen Abgeordneten einsetzen, die für Obamas Stimulus-Paket gestimmt haben. Rush Limbaugh hat das sicherlich für gut befunden.
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