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US-Profiliga der Fußball-FrauenGefangen in der Vorstadtnische

Nach der WM ist die Stimmung in der US-Frauen-Fußballliga gut. Doch keiner weiß, wie lange das anhält. Eigentlich müsste die Liga grundsaniert werden.

Abby Wambach (rechts) ist optimistisch. Zumindest ihren Äußerungen nach. Bild: dapd

BERLIN taz | Es war – natürlich – ihr Kopf. Abby Wambach nickte zwei Bälle ein beim 2:0-Erfolg von magicJack bei den Boston Breakers. Es war ein wichtiger Sieg. Die Mannschaft aus Boca Raton in Florida hat sich kurz vor Ende der regulären Saison für die Playoffs in der Womens Professional League (WPS) qualifiziert. 7.188 Zuschauer waren ins Stadion der Harvard-Universität gekommen – so viel wie schon seit zwei Jahren nicht mehr.

Die meisten sind wohl wegen Abby Wambach gekommen, dem Star des WM-Teams der USA. Seit ein paar Wochen ist sie nicht nur Stürmerin, sie ist auch Trainerin ihrer Mannschaft. Sie ist die Hauptperson der Mini-Liga mit sechs Teams. Beim Gastspiel von magicJack in ihrem Heimatort Rochester kurz nach dem in den USA viel beachteten WM-Finale von Frankfurt waren sogar 15.000 Zuschauer gekommen. "Die Stimmung ebbt nicht ab", sagte sie in am Sonntag in Boston. "Überall füllen sich die Ränge. Das ist großartig."

Solche freundlichen Attribute werden selten benutzt, wenn es um die Lage der Liga geht. Abby Wambach weiß das am besten. Ihr Klub ist einer der kaputtesten in der WPS. Sogar über einen Ausschluss aus der Liga wird diskutiert. Klubeigner Dan Borislow, der vor der Saison sieben US-Nationalspielerinnen nach Florida gelockt hat, steht in der Kritik. Er soll etliche Rechnungen nicht bezahlt, die Spielerinnen regelrecht terrorisiert haben. Außerdem hat er sich zum Trainer aufgeschwungen, obwohl er keine Lizenz hat. Nachdem die Liga ihm verboten hat, weiter an der Linie zu stehen, machte er Abby Wambach zur Spielertrainerin. Seitdem geht es etwas ruhiger zu in Boca Raton.

Raus aus der Vorstadt-Nische

Darüber freut man sich in der WPS. Genauso wie über den Anstieg der durchschnittlichen Zuschauerzahl nach der WM von 2.741 auf 5.164. Auch ein Werbedeal mit Torhüterin Hope Solo sorgt für gute Laune. Ein Limohersteller stattete Solo mit einem 100.000-Dollar-Vertrag aus. Doch diese Nachrichten können die Sorgen um die Zukunft der Liga nicht vertreiben. David Halstead, der Besitzer von Philadelphia Independence, will raus aus der Vorstadt-Nische, in der er den US-Frauenfußball sieht. "Wir brauchen mehr echte Fußball-Fans", meint er. Mittelfeldspielerin Megan Rapinoe, auch eine der WM-Stars, drückt das so aus: "Wir wollen nicht mehr nur vor kleinen Mädchen spielen."

Philadelphia-Eigner Halstead hat vergangenes Jahr zwei Millionen Dollar Verlust gemacht und kalkuliert für die laufende Saison mit einem Minus von einer Million. Dabei sollte beim zweiten Versuch, eine Profiliga in den USA zu etablieren, alles anders werden als bei der gescheiterten Liga namens Wusa. Damals ist man davon ausgegangen, dass sich genug reiche Leute finden, die einen nicht rentablen Klub dauerhaft alimentieren. Die WPS dagegen sollte sich lohnen.

Die WPS ist weit davon entfernt, rentabel zu sein

Davon ist sie indes weit entfernt. Nur wenn die Spielerinnengehälter, die jetzt durchschnittlich bei 32.000 Dollar im Jahr liegen, massiv sinken, könnte eine Sanierung gelingen. Doch schon jetzt gibt es Fußballerinnen, die nicht mehr als 10.000 Dollar im Jahr verdienen. Einer US-Nationalspielerin mag es gutgehen. Eine solche verdient um die 60.000 Dollar und bekommt denselben Betrag auch noch vom nationalen Verband. Auch Weltfußballerin Marta, die einzigartige 500.000 Dollar verdient, hat keinen Grund zum Klagen. Doch der Großteil der Spielerinnen kann vom Sport nicht gut leben. Auch Versicherungsfragen sind oft ungeklärt. Wer sich verletzt, hat Pech gehabt. Viele europäische Spielerinnen schreckt das ab.

So recht weiß niemand, ob es die Liga auch im nächsten Jahr noch geben wird. Man hofft auf einen neuen Boom. Den soll ein Olympiasieg des US-Teams in London auslösen. Abby Wambachs Kopf ist weiter gefragt.

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