US-Luftwaffe in Haiti: Amerikas unverzichtbare Rolle
Eine Zentrale aus Vertretern der US-Luftwaffe und der UN koordinieren die Nothilfe. Humanitäre Korridore sollen das Überleben von 2 Millionen Menschen gewährleisten.
BERLIN taz | Um die internationale Nothilfe für die Bewohner der erdbebenzerstörten haitianischen Hauptstadt Port-au-Prince zu beschleunigen, haben sich die USA und die UNO auf ein neues System zum Umgang mit Hilfsflügen am vom US-Militär kontrollierten Flughafen von Port-au-Prince geeinigt. Wie die Logistikzentrale der UNO am Dienstag mitteilte, gibt es seit Montagabend eine Koordinationszentrale aus Vertretern der US-Luftwaffe, der UN-Blauhelmmission in Haiti (Minustah) und des UN-Welternährungsprogramms (WFP), das für den nächsten Tag die Prioritätenliste für ankommende Flüge festlegt. Derzeit stünden Materialien zur Trinkwasseraufbereitung an oberster Stelle, gefolgt von Logistikern, Nahrungsmitteln und medizinischen Gütern. Das Modell nehme sich die Organisation der Tsunami-Katastrophenhilfe in Asien Ende 2004 zum Vorbild, sagte WFP-Direktorin Josette Sheeran.
Das WFP richtete eine Luftbrücke ein, um mit einem Sonderflug Hilfsgüter aus der benachbarten Dominikanischen Republik nach Port-au-Prince zu fliegen, während UN-Blauhelme die Kontrolle über die Straßenverbindung zwischen den beiden Ländern übernehmen sollen. Fünf humanitäre Korridore in der Luft, über Wasser und zu Lande sollten eingerichtet werden, "um zwei Millionen Menschen ein halbes Jahr lang zu ernähren und um logistische Unterstützung für die Hilfsmaßnahmen bereitzustellen", erklärte das WFP. Eine US-Basis am Flughafen von Miami soll als Transitbasis für Hilfsgüter dienen.
Die Einigung über die Nutzung des Flughafens entschärfte einen Streit zwischen den Regierungen der USA und Frankreichs, nachdem Paris sich hinter von französischen UN-Verantwortlichen geäußerte Kritik an der US-Militärintervention gestellt hatte und ein französisches Flugzeug mit einem Feldlazarett an Bord ebenso wie viele andere Hilfsflüge über Port-au-Prince mangels Platz auf der Landebahn wieder umdrehen musste. "Es geht darum, Haiti zu helfen, nicht es zu besetzen", hatte Frankreichs Entwicklungsminister Alain Joyandet gesagt. Nach einem Telefonat mit US-Präsident Barack Obama äußerte Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy jedoch Lob für die "unverzichtbare Rolle" der US-Truppen in Haiti und sagte, Frankreich und die USA wollten zusammenarbeiten.
Das US-Militär schaltete sich unterdessen direkt in die Nothilfe ein. Nach Angaben der US-Armee wurden acht Kilometer vom Flughafen von Port-au-Prince entfernt aus einem Flugzeug 14.500 Lebensmittelpakete und 15.000 Liter Trinkwasser abgeworfen. Siebzig Soldaten der 82. US-Luftlandebrigade errichteten eine Basis am Golf- und Tennisclub des Vorortes Pétionville, um 50.000 Flüchtlinge zu versorgen, die sich auf dem Green versammelt haben.
Die Koordinationsprobleme auf Führungsebene sind nach Aussagen von Helfern in der Praxis nicht spürbar. "Solche Sachen werden außen vor gelassen", sagte Elke Felleisen von Ärzte ohne Grenzen aus Port-au-Prince gegenüber der taz. "Wir kümmern uns um unsere eigene Arbeit." Besondere Sicherheitsprobleme gebe es nicht, und niemand von UNO oder USA versuche, den Hilfswerken Vorschriften zu machen. Die deutsche Helferin bestätigte jedoch, dass der Flughafen ein "Nadelöhr" sei. Dringend benötigte Hilfsgüter wie Verbandsmaterial, Schmerzmittel und Antibiotika seien zwar auf dem Weg nach Haiti, aber noch nicht angekommen und man wisse nicht, wo sie sich derzeit befänden.
Die Versorgung der Überlebenden gestaltet sich nach wie vor schleppend, was zunehmende, aber noch isolierte Unruhen und gewaltsame Zwischenfälle begünstigt. In Reaktion darauf bilden sich in verschiedenen Stadtteilen Bürgerwehren, ermutigt von der haitianischen Polizei. Neben Erdbebenopfern würden zunehmend Menschen mit Schussverletzungen behandelt, berichteten Sanitäter.
Klar ist derweil: Die Versuche, Überlebende aus den Trümmern zu bergen, waren nicht sehr effektiv. 52 Rettungsteams mit 1820 Teilnehmern und 175 Hunden aus aller Welt haben nach UN-Angaben bis gestern lediglich rund 90 Menschen lebend gerettet. Die Zahl der Toten könnte nach aktuellen Schätzungen 200.000 erreichen.
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