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US-BürgerrechtsorganisationKlage gegen NSA-Spähprogramm

Weil auch US-Bürger betroffen seien, fordert ACLU, Details des globalen Datenabgreifens offenzulegen. „Der Spiegel“ veröffentlicht neue Belege zur Abhörfähgikeit der NSA.

Späht dieser Fahrzeuginsasse etwa das NSA-Hauptquartier aus? Bild: dpa

NEW YORK/BERLIN rtr/dpa | Die US-Bürgerrechtsorganisation ACLU hat vor Gericht die Veröffentlichung von Einzelheiten zu dem internationalen Überwachungsprogramm der amerikanischen Geheimdienste verlangt. In der am Montag vor einem Bundesgericht in New York eingereichten Klage geht es um die genaue Auslegung von Exekutiv-Anweisung 12333, die die Überwachung von Zielen im Ausland regelt. Da der Nachrichtendienst NSA riesige Datenmengen abschöpfe sei es unausweichlich, dass auch US-Bürger betroffen seien. Daher müsse offengelegt werden, welche Maßnahmen zum Schutz ihrer Rechte getroffen worden seien. Anweisung 12333 war 1981 von Präsident Ronald Reagan unterzeichnet worden.

Die ACLU hat nach den Enthüllungen des ehemaligen NSA-Mitarbeiters Edward Snowden mehrfach auf der Grundlage des US-Informationsfreiheitsgesetzes Auskünfte über die Überwachungsprogramme verlangt. Diese waren der Organisation zufolge jedoch wenig ergiebig.

„Schlimmer als ihre schlimmsten Alpträume“

Unterdessen wurden weitere Informationen über die Angriffs- und Abhörfähigkeiten der NSA bekannt. Der Spiegel veröffentlichte online Dokumente aus dem Fundus von Edward Snowden. Demnach kann der US-Geheimdienst Computer von Zielpersonen präzise und unauffällig mit Ausspäh-Software infizieren.

Dafür werde über präparierte Netzwerk-Technik der Datenverkehr abgefangen und ihm zusätzlicher Programmcode von einem NSA-Server beigemischt, heißt es in einer NSA-Präsentation, die das Magazin am Montag online veröffentlichte. Das System wird in den vom Informanten Edward Snowden mitgenommenen Unterlagen unter dem Namen „Quantum“ geführt.

Die Fähigkeiten seien „schlimmer als Ihre schlimmsten Alpträume“, sagte Jacob Appelbaum, der für den Spiegel die Dokumente mitauswertete. Für ihre Angriffe habe die NSA gezielt Schwachstellen gelegt oder offengelassen, die viele Internetnutzer gefährden könnten. „Sie kennen Schwachstellen und halten sie geheim.“

Zusätzlich gab es weitere Informationen zu Möglichkeiten der NSA, verschiedene technische Geräte anzuzapfen. Der Spiegel veröffentlichte online Auszüge aus einem internen Katalog für Ausspäh-Technik. Dort gibt es zum Beispiel für 30 Dollar ein präpariertes Monitor-Kabel, mit dem man per Radar auf Entfernung den Inhalt des Bildschirms auslesen kann. Eine GSM-Basisstation, die sich als Mobilfunk-Mast ausgibt und zur Überwachung von Handys eingesetzt werden kann, werde mit 40.000 Dollar veranschlagt.

Trotz des umfangreichen Katalogs bleibt offen, wie häufig und wann die Technik zum Einsatz kommt. „Wir wissen, dass sie benutzt wurde“, wenn die NSA gezielt eine Zielperson ausspähen wolle, sagte Appelbaum. Aber man habe sich entschieden, Namen von Opfern nicht zu veröffentlichen.

Produkte von US-Konzernen durchleuchtet

Bei der Suche nach Angriffspunkten durchleuchtet die NSA offenbar gezielt Produkte von US-Unternehmen. In den Unterlagen werden Microsoft, Dell und Cisco bei Hardware genannt, dazu die Internetdienste Yahoo, LinkedIn und Facebook.

Cisco zeigte sich in einem Blogeintrag am Sonntag besorgt. Man versuche, zusätzliche Informationen zu bekommen. „Wir arbeiten mit keiner Regierung zusammen, um unsere Produkte für eine Ausbeutung zu schwächen oder sogenannte Sicherheits-Hintertüren zu installieren.“ Dem Konzern seien derzeit keine Schwachstellen in seinen Produkten bekannt.

Appelbaum trat bereits am Sonntagabend gemeinsam mit Wikileaks-Gründer Julian Assange auf, der per Videoübertragung zugeschaltet war. Assange rief die Computerexperten auf, Geheimdienste und andere Institutionen zu infiltrieren und wie Snowden geheime Informationen öffentlich zu machen.

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3 Kommentare

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  • RW
    Roman Wezenberg

    Würde man aus Gründen der Terrorismusprophylaxe sein Interesse auf tatsächlich potenzielle Terroristen beschränken, was weiß ich, 0,02 % der Bevölkerung ausmacht, wäre man vielleicht in der Lage, die Daten tatsächlich rechtzeitig auszuwerten, bevor ein Anschlag verübt würde. Aber wenn Terroristen ebenfalls spitz bekommen, daß die NSA mithört und sich im Zuge dessen für den oldschool Briefverkehr mit Marke lecken entscheiden, ist auch dieses System ausgehebelt. Ich möchte mich nicht aushorchen lassen, möchte keine Bewegungsprofile erstellt haben, womöglich lande ich noch im Knast wenn die sehen, daß ich gerne zügig Motorrad fahre. Mein „Möchten“ spielt natürlich eine Rolle, denn jeder möchte bei normaler zerebraler Begabung sein Recht auf Privatsphäre, sein Grundrecht gewahrt wissen. Aber die Zonenwachtel rührt sich wie gewohnt nicht. Doch..endlich eine Regung, sie versucht heute mit aller Macht zu verhindern, daß Jean-Claude Juncker einen EU-Spitzenposten erhält. Ja da steht die Glucke tatsächlich mal auf, Machterhalt halt. Mit der NSA lässt sie uns alleine, Barack hat ihr gesagt, er höre sie nicht mehr ab, Thema wieder beendet. Terrorismusprophylaxe, hhmm genau. Es geht nicht um Terrorismus, es geht um Wirtschaft aber vor allen Dingen geht’s um Erpressbarkeit. Der Barack hat der Angie nämlich bestimmt auch gesagt, daß er ihre Sadomasomails oder Nacktfotos veröffentlicht, falls sie in diesem Fall nicht die Füße still hält. Und diese Erpressbarkeit gilt auch fürs Volk, macht es ein Stück weit kontrollierbarer. Nichts gegen den ehrenhaften Wunsch Menschenleben zu schützen, aber die NSA wäre sicher effizienter würde sie sich um Opfer des Grippevirus kümmern, daran sterben jährlich etwa 15000 Menschen. Oder Arme, Kranke etc. Da müssen ne Menge Sprengstoffgürtel für angeschnallt werden, will man da mithalten. Ist diese Abhörpraxis nicht eher terrorismusfördernd?

  • RW
    Roman Wezenberg

    NSA1

    Heute mal politisch...

     

    So schnell noch ein paar Zeilen, bevor die CIA vor meiner Tür steht und mir den Kopf waschen will. Die sollen dabei ja sehr gründlich vorgehen.

     

    Wieder eine Meldung, die NSA betreffend. Es stellt sich heraus, daß die ein Datenkabel angezapft haben. Heuer dürfte das eigentlich niemanden mehr verwundern, insgeheim wußten wir spätestens seit Eddy Snowden, daß dem so ist. Abgesehen davon, ist die Meldung des abgezapften Datenkabels schon uralt. Unsere Kanzlerin ließ kurzfristig etwas wie Empörung aufblitzen, als sich herausstellte, daß auch ihr Handy angehört wurde. Aber Pofalla hat das Thema ja, nachdem Pitbüllchen Friedrich, wie ein begossener Pudel aus den Staaten kam, beendet. Ja Chamberlain sagte auch einst, es gäbe keinen Krieg. Das Thema ist nicht beendet. Nicht für mich und für andere sollte es dies auch nicht sein. Es nervt mich, daß ich ausspioniert werde. Ich fasse mir aber auch selbst an die Nase, denn ich Idiot trage täglich eine von den Greenwald erwähnten Datenschleudern in der Tasche spazieren. Aber ich will mich weder ausspionieren lassen, noch will ich im gleichen Zug für dumm verkauft werden. Pflegte ich derlei Ambitionen, würde ich einfach die Glotze einschalten oder mir ..was weiß ich, die Bild kaufen. Terrorprohphylaxe? Ach so.. Ich hoffe an dieses Ammenmärchen glaubt heute keiner mehr. Deshalb hört man auch den Pabst ab. Saugefährlich, der Bursche, fährt vielleicht mit seinem Fiat amerikanische Touristen vorm Petersdom platt...Gut, anderes Thema..

    Und wie soll das denn eigentlich bewerkstelligt werden? Man erstellt Bewegungsprofile, liest Emails mit, belauscht Telefongespräche und guckt welche Pornoseiten der User besuchte.. Da kommt einiges an Daten zusammen. Wenn man die halbe Menschheit ausspioniert, bedürfte es doch theoretisch ein Viertel der Menschheit, um diese geraume Datenmenge, die täglich, ja sekündlich reinkommt, Herr zu werden. Zu sortieren. Vom Auswerten mal ganz abgesehen.

  • T
    tier

    Na klar, US-Bürger. Alle anderen zählen ja nicht als Menschen, was?