: US-Banken unter Druck
■ Deckungsreserven für Argentinien-Kredite müssen verdoppelt werden
Washington (ap/taz) - Die amerikanischen Finanzbehörden haben die Geschäftsbanken in den USA angewiesen, ihre Reserven zu verdoppeln, die sie für mögliche Verluste aus Krediten an Argentinien beiseite gelegt haben. Die geldpolitischen Aufsichtsbehörden der USA reagieren damit auf die immer katastrophalere ökonomische Entwicklung Argentiniens. Nach nur sechsmonatiger Regierungszeit hat der populistische Regierungschef Carlos Menem Argentinien nicht allein eine Hyperinflation von 5.000 Prozent beschert, sondern Argentinien auch an den Rand des finanziellen Abgrunds geführt.
Das am ersten Januarwochenende erlassene Notstandsdekret, wonach von allen Festgeldkonten gerade einmal eine Million Austral, etwa 500 US-Dollar, abgehoben werden durften und der verbleibende Rest in staatliche Schatzanleihen mit zehnjähriger Laufzeit umgewandelt wurden sowie die dilettantischen und mittlerweile wieder zurückgenommenen Versuche einer offiziellen Dollarisierung der argentinischen Wirtschaft haben in Washington die Alarmglocken schrillen lassen. Dazu beigetragen haben dürfte der bereits Anfang der Woche erfolgte größte Kurssturz der argentinischen Börsengeschichte, bei dem die 16 wichtigsten Aktiennotierungen um durchschnittlich 53 Prozentpunkte in den Keller rutschten.
Argentinien hatte Ende September 1989 6,2 Milliarden US -Dollar Schulden gegenüber dem US-amerikanischen Bankensystem. Damit ist es der viertgrößte lateinamerikanische Schuldner der USA, nach Brasilien (19,1 Mrd.), Mexiko (15,7 Mrd.) und Venezuela (6,9 Mrd.). Wie Argentinien ist auch der lateinamerikanische Großschuldner Brasilien mit seinen Schuldendienstzahlungen weit im Rückstand. Der drohende interne Ruin der argentinischen Wirtschaft dürfte die Fähigkeit zur Leistung des externen Schuldendienstes weiter beeinträchtigen. Vorsorge tut also Not.
Nach Einschätzung von Experten wird die präventive Anordnung der US-amerikanischen Finanzbehörde schwere Auswirkungen auf die Profite der amerikanischen Geschäftsbanken haben. Bereits im 3.Quartal 1989 hatten die 12.800 US-Geschäftsbanken mit einem Gesamtverlust von 744 Millionen Dollar erstmals seit zwei Jahren wieder rote Zahlen geschrieben. Fünf große Banken hatten insgesamt 5,3 Milliarden Dollar Verlust aus Krediten an Entwicklungsländern verbuchen müssen. Ein Ende dieser Entwicklung ist gegenwärtig nicht abzusehen. Die am Mittwoch bekanntgewordene Übereinkunft zwischen dem Komitee der Gläubigerbanken Mexikos, das 450 Bankinstitute vertritt, und der mexikanischen Regierung zur Umstrukturierung von 48 Milliarden Schulden dürfte für die daran beteiligten US -Banken weitere Belastungen bringen.
Kurt Zausel
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