US-Armee in Afghanistan: Von Kameraden in den Tod getrieben

Sechs Wochen, nachdem Danny Chen in Afghanistan ankam, beging er Selbstmord. Jetzt wird das Ausmaß rassistischen Mobbings in der US-Armee klar.

Er wurde von seinen Kameraden gedemütigt und nahm sich das Leben: Danny Chen. Bild: reuters

WASHINGTON taz | Ohne das Video "What happened to Danny?", ohne die Demonstration von 500 Menschen in der New Yorker Chinatown und ohne die Petitionen, die Tausende unterzeichnet haben, wäre vermutlich nie herausgekommen, wie der 19-jährige Danny Chen ums Leben kam. Chen wurde - sechs Wochen nach seiner Ankunft in Afghanistan - tot in seinem Wachposten in der Provinz Kandahar gefunden. "Selbstmord", bescheinigte die U. S. Army.

Doch die Ergebnisse der Autopsie und die Tagebücher des Toten gab sie nicht frei. Drei Monate später zeigt sich, dass andere US-Soldaten aus der Einheit den jungen New Yorker seelisch und körperlich gequält und rassistisch verfolgt haben. Mehrere Soldaten, allesamt Vorgesetzte des Toten, riskieren jetzt Militärverfahren.

Als am 3. Oktober die Nachricht von Danny Chens Selbstmord kam, glaubten weder Angehörige noch Freunde daran. Sie kannten ihn als lebensfrohen jungen Mann mit Plänen. Manche Freunde wussten durch Facebook allerdings auch, dass er rassistischen Schikanen ausgesetzt war. Die sollen schon in Fort Benning, im US-Bundesstaat Georgia, begonnen haben.

Nach Danny Chens Entsendung nach Afghanistan wurde es schlimmer. Nach monatelanger Verschleierung der Todesumstände haben Mitarbeiter des US-Verteidigungsministeriums in der vergangenen Woche ein Gespräch mit Angehörigen von Danny Chen geführt. Im Anschluss daran beschrieb die anwesende New Yorker OCA-Präsidentin im Fernsehsender "Democracy Now" gruselige Details aus dem Martyrium von Danny Chen.

"Er musste über Kieselsteinchen krabbeln, während andere Soldaten ihn mit Steinen bewarfen. Er musste Liegestützen mit dem Mund voller Wasser machen. Er musste mit Sandsäcken sprinten. Und er musste einen Bauhelm aufsetzen und Kommandos zum Aufstellen von Zelten auf Chinesisch sagen - obwohl er der einzig Chinesischsprachige in seiner Einheit war", sagte Elizabeth Ouyang.

Acht Soldaten sind seit Danny Chens Tod in andere Einheiten versetzt worden. Ihnen drohen jetzt Verfahren wegen mangelnder Disziplin, wegen Verschleierung und wegen fahrlässiger Tötung. Das Militär will die Verfahren in Afghanistan abhalten. Doch Elizabeth Ouyang verlangt, dass sie in die USA verlegt werden. Damit die Angehörigen teilnehmen können.

Danny Chen ist der zweite Angehörige der chinesischstämmigen Minderheit in der US-Armee, der binnen weniger Monate unter mysteriösen Umstanden und nach rassistischen Anfeindungen ums Leben kam. Im April vergangenen Jahres hatte sich der 21-jährige Harry Lew in Afghanistan das Leben genommen, nachdem ihn Kameraden gezwungen hatten, Push-ups zu machen, ihm dabei auf Rücken und Beine getreten waren, ihm Sand in den Mund gestopft und ihn gezwungen hatten, sich in ein Erdloch einzugraben.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.