: UNO-Beauftragte unterwegs zu Massengräbern
■ Bosnische Serben lassen Untersuchungen in Srebrenica und Prijedor zu. Bosnischer Ministerpräsident Silajdžić tritt zurück. Nachfolger: Ifor-Minister Muratović
Sarajevo/Mostar/Bonn (AP/ AFP/dpa) – Das Mandat der Nato für Bosnien soll erstmals über rein militärische Aufgaben hinausgehen: Der Kommandeur der Internationalen Friedenstruppe (Ifor), US-Admiral Leighton Smith, sagte dem Kriegsverbrechertribunal in Den Haag gestern Soldaten zur Bewachung zweier Fundstellen von mutmaßlichen Massengräbern zu. „Wir werden alles in unserer Macht Stehende tun“, heißt es in der schriftlichen Erklärung Smith'. Die Ermittler gegen Kriegsverbrecher im ehemaligen Jugoslawien müßten in einem sicheren Umfeld arbeiten können. Zuvor hatte der niederländische Major William Pijpers angekündigt, daß Nato- Soldaten schon in wenigen Tagen in Prijedor und Bratunac Stellung beziehen würden. Menschenrechtsorganisationen vermuten in einer stillgelegten Mine bei Prijedor im Nordwesten Bosniens bis zu 8.000 Leichen, die bosnische Regierung setzt diese Zahl allerdings niedriger an. In Bratunac bei Srebrenica sollen etwa hundert Menschen verscharrt sein.
Die bosnischen Serben, die eine Untersuchung der mutmaßlichen Massengräber bislang nicht zugelassen haben, wollen nun doch die Sonderberichterstatterin in der UNO für Menschenrechte im ehemaligen Jugoslawien, Elisabeth Rehn, nach Srebrenica und Prijedor lassen. Das erklärte der bosnisch-serbische „Regierungschef“ Rajko Kasagić gestern im Rundfunk.
Unterdessen hat der bosnische Ministerpräsident Haris Silajdžić seinen Rücktritt angekündigt. Damit protestiert der noch amtierende Regierungschef gegen eine Schwächung der Regierung. Nach einer Entscheidung des bosnischen Parlaments sollen dieser künftig nur sechs Minister angehören, davon einer ohne Geschäftsbereich. „Ich glaube, daß die parlamentarische Demokratie nicht mehr existiert und daß der Wille des Volkes nicht respektiert wurde“, sagte Silajdžić. Noch gestern beauftragte der Exekutivrat der regierenden Partei der Demokratischen Aktion (SDA) auf einer Dringlichkeitssitzung den Minister für die Beziehungen zur Ifor, Hasan Muratović, eine neue Regierung zu bilden. Die Sitzung fand unter Leitung des Präsidenten Izetbegović statt.
Zwei Mitarbeiter des Technischen Hilfswerkes (THW) sind am Wochenende bei Mostar zusammen mit drei einheimischen Helfern tödlich verunglückt. Wie ein Sprecher der THW-Einsatzzentrale in Bonn gestern mitteilte, sei der Kleinbus des Hilfswerks in der Nähe von Mostar von der Straße abgekommen und in einen Stausee der Neretwa gestürzt. Dabei seien fünf der sechs Insassen in dem 1 Grad Celsius kalten See ertrunken.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen