UN-Klimagipfel in New York: Finanzkrise wichtiger als Klimaschutz
Der UN-Klimagipfel beginnt mit Appellen. Umweltschützer vermissen neue Zusagen und kritisieren Fernbleiben von Merkel. Die schickte bloß eine Videoansprache.
BERLIN taz | Bundeskanzlerin Angela Merkel hat einer vorab gesendeten Videobotschaft zufolge auf dem UN-Klimagipfel in New York dazu aufgerufen, die Erderwärmung mit mutigen Beschlüssen einzudämmen. Das Video sollte am Dienstag beim Abendessen der Gipfelteilnehmer eingespielt werden. Darin sagte die CDU-Chefin, der Klimawandel beschleunige sich und werde zu unkontrollierbaren Risiken und dramatischen Schäden führen, wenn die Staatengemeinschaft nicht gegensteuere - "nicht irgendwann, sondern jetzt".
Zu dem eintägigen Gipfel hatte UN-Generalsekretär Ban Ki Moon geladen, um neue Dynamik in die festgefahrenen Klimaverhandlungen zu bringen. Über 90 Staats- und Regierungschefs waren der Einladung gefolgt. Gut 70 Tage bleiben noch bis zur Konferenz in Kopenhagen, wo ein neues globales Klimaabkommen verabschiedet werden soll.
Ban eröffnete den Gipfel mit einem eindringlichen Appell. "Die Geschichte dürfte uns keine bessere Chance mehr bieten", warnte er. "Angesichts der ständig steigenden Treibhausgase werden wir den kritischen Grenzwert bald erreicht haben."
US-Präsident Barack Obama schloss sich dem Appell an die politischen Führer aus aller Welt an. "Unsere Generation wird sich mit ihrer Reaktion auf diese Herausforderung vor der Geschichte verantworten müssen", sagte er. Obama bekannte sich zur Führungsrolle der Industriestaaten. Gleichzeitig sah er aber auch die schnell wachsenden Schwellenländer in der Pflicht, ihre Treibhausgase zu reduzieren. Und beide hätten die Verantwortung, die ärmsten Länder beim Klimaschutz zu unterstützen.
Konkrete Zusagen machte Obama nicht. Angesichts der globalen Rezession sei es erste Priorität jedes Landes, die Wirtschaft wiederzubeleben und Arbeitsplätze zu sichern. Umweltschützer zeigten sich enttäuscht von Obamas Auftritt. "Er hat nichts Neues präsentiert", kritisierte Klimaexperte Martin Kaiser von Greenpeace.
Das Fernbleiben von Merkel hatte zuvor für Kritik gesorgt. Stellvertretend nahm Sigmar Gabriel (SPD) an dem Treffen teil. "Offensichtlich ist Bundeskanzlerin Merkel der Wahlkampf wichtiger", sagte der SPD-Abgeordnete Frank Schwabe. Die Grünen warfen Merkel vor, die Führungsrolle Deutschlands zu verspielen.
Im Vorfeld des Gipfels hatten 500 internationale Konzerne klare Regeln zur CO2-Reduktion gefordert. In diese Richtung stößt auch die Luftfahrtindustrie vor. Bis 2050 will sie ihre Emissionen halbieren. Eine entsprechende Vereinbarung haben Fluggesellschaften, Flughafenbetreiber und Flugzeugbauer in New York präsentiert. Als Basisjahr für die Halbierung soll 2005 gelten.
Üblich ist es, Reduktionsziele an den Zahlen von 1990 auszurichten. Von 1990 bis 2004 waren die Emissionen des Luftverkehrs in der EU nach Zahlen des Bundesumweltministeriums bereits um 80 Prozent gestiegen. "Wir sind die einzige Branche, die sich auf Reduktionsziele einigen konnte", sagte ein Sprecher der Fluggesellschaft Lufthansa. "Das ist ein wichtiger Schritt." Einsparpotenzial sieht er vor allem in der Nutzung von alternativen Treibstoffen.
Am Montag werden die internationalen Verhandlungen mit zweiwöchigen Klimagesprächen in Bangkok fortgesetzt.
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