UN-Gesandter Brahimi in Syrien: Dritter Anlauf
Nach dem Treffen mit dem syrischen Präsidenten Assad in Damaskus ist der UN-Gesandte Brahimi besorgt. Russland warnt Syrien vor Chemiewaffeneinsatz.
BEIRUT dapd | Die Lage in Syrien ist dem UN-Sondergesandten Lakhdar Brahimi zufolge weiterhin besorgniserregend. Nach einem Treffen mit Präsident Baschar al Assad in Damaskus am Montag sagte Brahimi, sie hätten mögliche Maßnahmen zur Beilegung der Krise diskutiert, ging aber nicht weiter ins Detail. Assad sagte laut einem Bericht der Nachrichtenagentur SANA, seine Regierung unterstütze alle Bemühungen, die die Souveränität und Unabhängigkeit Syriens schützten. Russland warnte Syrien unterdessen vor einem möglichen Einsatz von Chemiewaffen.
Brahimi sagte, er hoffe, dass sich Regierung und Opposition auf einen Ausweg einigen würden. Bislang habe es wenig Fortschritte bei der Suche nach einer Lösung gegeben. Brahimi wollte noch bis zum Abend in Syrien bleiben. Es war sein dritter Besuch in Damaskus, seit er im September zum Sondergesandten der Vereinten Nationen und der Arabischen Liga gemacht worden war. Seither ist Opposition und Regierung kein Durchbruch gelungen, um das Blutvergießen zu beenden.
Über hundert Tote bei Luftangriff auf Bäckerei
Brahimi war mit dem Auto aus dem Libanon nach Syrien gereist, da die Gegend um den Flughafen der Hauptstadt derzeit schwer umkämpft ist. Sein Besuch wurde von einem schweren Luftangriff der syrischen Armee auf eine Bäckerei überschattet. Bei der Offensive in der Ortschaft Halfaja nahe der Stadt Hama waren nach Angaben der örtlichen Koordinierungskomitees mehr als hundert Menschen ums Leben gekommen.
Aktivisten warfen der Regierung vor, mit Angriffen auf Zivilisten Vergeltung für die jüngsten militärischen Erfolge der Aufständischen zu üben. Zuletzt hatten sich Rebellen und Regierungstruppen in der Region um Halfaja schwere Gefechte geliefert. Nach Angaben von Aktivisten eroberten die Aufständischen dabei mehrere Kontrollposten an der Hauptverkehrsstraße von Norden nach Süden. "Halfaja war der erste und größte Sieg in der Gegend um Hama", sagte der Aktivist Musab Alhamadi via Skype. "Deshalb bestraft das Regime sie auf diese Weise."
In einem im Internet veröffentlichen Amateurvideo waren mehr als ein Dutzend Tote oder Verletzte in den Überresten eines Gebäudes zu sehen, bei dem es sich nach Angaben des Sprechers um eine Bäckerei gehandelt hatte. In den Straßen lag Schutt, Bewohner und Aufständische schafften Verwundete weg. Einige der Opfer trugen Tarnkleidung, was darauf hindeuten könnte, dass der Angriff einem Treffen von Rebellen galt.
Russland warnt vor Patriot-Stationierung
Russland machte unterdessen deutlich, dass es die syrische Regierung nicht um jeden Preis unterstützt. Außenminister Sergej Lawrow warnte die syrische Regierung in einem Interview mit dem Fernsehsender Russia Today vor einem möglichen Einsatz von Chemiewaffen. Er sagte, er glaube nicht, dass Syrien im Bürgerkrieg Chemiewaffen einsetzen werde. Sollte sich die Führung doch dazu entscheiden, käme das einem politischen Selbstmord gleich.
Die internationale Gemeinschaft wies Lawrow auf ein erhöhtes Eskalationsrisiko durch die Stationierung von Patriot-Raketen an der syrisch-türkischen Grenze hin. Je mehr militärisches Material an einem Ort konzentriert werde, desto höher sei das Risiko, dass die Waffen auch eines Tages genutzt würden, sagte Lawrow. Die NATO-Raketen seien offenbar nicht nur dazu bestimmt, syrische Angriffe auf die Türkei zu verhindern, sondern auch dazu, einen US-Radar gegen einen Angriff aus dem Iran zu schützen, der für den zwischen Moskau und Washington umstrittenen Raketenschild wichtig sei. Das sei sehr gefährlich, sagte Lawrow.
Moskau ist einer der letzten verbliebenen Verbündeten Syriens und hat mehrmals Resolutionen des UN-Sicherheitsrates gegen die Regierung verhindert. Vergangene Woche hatte Präsident Wladimir Putin indes gesagt, es gehe ihm nicht darum, Präsident Assad persönlich zu schützen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Autounfälle
Das Tötungsprivileg
Rekrutierung im Krieg gegen Russland
Von der Straße weg
Verkehrsvorbild in den USA
Ein Tempolimit ist möglich, zeigt New York City
Umfrage zu Sicherheitsgefühl
Das Problem mit den Gefühlen
„Freiheit“ von Angela Merkel
Die Macht hatte ihren Preis
Deutscher Arbeitsmarkt
Zuwanderung ist unausweichlich