UN-Deklaration zu Rechten indigener Völker: Symbolische Versöhnung mit Aborigines
Die Australische Regierung nimmt eine Erklärung der Vereinten Nationen zu den Rechten der Ureinwohner an.
CANBERRA taz In einem weiteren Schritt zur Aussöhnung mit den Aborigines hat Australien die UN-Deklaration zu den Rechten indigener Völker angenommen. Wie die Ministerin für Angelegenheiten der Ureinwohner, Jenny Macklin, am Freitag meinte, solle der Schritt "einen Neubeginn" der Beziehungen darstellen. Die Annahme sei ein "Positionswechsel", der das Vertrauen zwischen den australischen Ureinwohnern und dem Rest der Bevölkerung stärken solle.
Der sozialdemokratische Premierminister Kevin Rudd hebt damit die Politik seines konservativen Vorgängers auf. 2007 hatte der damalige Premier John Howard noch kritisiert, die UN-Erklärung spalte die Gesellschaft, könnte den Aborigines mehr Rechte geben als dem Rest der Bevölkerung und sei juristisch nicht umsetzbar. Außer Australien lehnten nur die USA, Kanada und Neuseeland die Deklaration ab. 143 Länder stimmten zu, 11 enthielten sich.
Die nicht bindende Erklärung betont das Recht aller Ureinwohner auf Pflege und Schutz ihrer eigenen Kultur und Traditionen. Ob Canberras Annahme mehr sein wird als ein Symbol, muss sich erst zeigen. Ein Jahr, nachdem sich Rudd in einer historischen Erklärung für vergangenes Unrecht entschuldigt hatte, wächst die Kritik an seiner Politik. An den schlechten Lebensumständen vieler der rund 500.000 australischen Ureinwohner habe sich wenig geändert. Ganze Gemeinden leiden unter vermeidbaren Krankheiten, Alkoholsucht, häuslicher Gewalt und Arbeitslosigkeit. Aborigines sterben immer noch mehr als 15 Jahre früher als nicht indigene Australier. Laut Macklin, die auf von ihr ins Leben gerufene Hilfsmaßnahmen für Aborigines hinweist, wird es bis zu einer grundlegenden Verbesserung "eine Generation" dauern.
Viele besonders betroffene Ureinwohner sind Mitglieder der sogenannten Gestohlenen Generationen. So werden die Opfer der von 1900 bis 1972 an den Aborigines praktizierten zwangsweisen Kindsentfernung genannt. Der Staat wollte damals Ureinwohner "zivilisieren", in dem er mit kirchlicher Hilfe vor allem Mischlingskinder von ihren Eltern entfernte und bei weißen Familien unterbrachte. Dort dienten sie oft als Hausangestellte, wurden nicht selten missbraucht und verloren oft jeden Bezug zu ihrer Kultur. In den 90er-Jahren bezeichnete eine offizielle Untersuchung die Praxis als "Politik des Völkermords". Noch heute leiden Betroffene unter Identitätsproblemen und Depressionen. URS WÄLTERLIN
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Ungerechtigkeit in Deutschland
Her mit dem schönen Leben!
Kompromiss oder Konfrontation?
Flexible Mehrheiten werden nötiger, das ist vielleicht gut
FDP-Krise nach „Dday“-Papier
Ex-Justizminister Buschmann wird neuer FDP-Generalsekretär
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Selenskyj bringt Nato-Schutz für Teil der Ukraine ins Gespräch
Der Check
Verschärft Migration den Mangel an Fachkräften?
Parteitag der CDU im Hochsauerlandkreis
Der Merz im Schafspelz