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U-Bahn-Schläger kommen glimpflich davonZwei Jahre auf Bewährung

Guiseppe M. flüchtete nach einer Schlägerei aus einem Berliner U-Bahnhof und wurde auf der Straße überfahren. Er starb. Der Täter soll ihn gejagt haben, doch das Landgericht urteilt milde.

Große Anteilnahme: Nach dem Tod von Guiseppe M. im September 2011 am U-Bahnhof Kaiserdamm bekundeten viele Berliner ihr Mitgefühl. Bild: dpa

BERLIN dpa | Ein halbes Jahr nach der tödlich verlaufenen Flucht eines jungen Berliners ist ein U-Bahn-Schläger zu einer Bewährungsstrafe von zwei Jahren verurteilt worden. Das Landgericht in der Hauptstadt blieb damit am Donnerstag weit unter der Forderung der Staatsanwaltschaft, die viereinhalb Jahre Gefängnis für den 21-Jährigen beantragt hatte.

Der Hauptangeklagte wurde wegen Körperverletzung mit Todesfolge verurteilt. Ein mitangeklagter Schläger bekam eine Bewährungsstrafe von vier Monaten. Das Opfer Giuseppe M. war im September 2011 nach einer Schlägerei in einem U-Bahnhof geflüchtet und auf der vorbeiführenden mehrspurigen Straße von einem Auto erfasst und tödlich verletzt worden.

Der Tod des 23-Jährigen hatte eine Welle der Anteilnahme ausgelöst. Über Wochen wurden an der Unfallstelle Blumen niedergelegt, dem Trauerzug für Giuseppe folgten Hunderte. Der 21-Jährige, der bislang in Untersuchungshaft saß, kommt nun auf freien Fuß. Die Staatsanwaltschaft hatte die Gefängnisstrafe gefordert, weil der Mann Giuseppe M. verfolgt und vor das Auto gejagt haben soll.

Täter streitet tödliche Verfolgung ab

Zuvor soll der 21-Jährige nachts mit seinem Bekannten im U-Bahnhof Giuseppe M. und dessen Freund aggressiv nach Zigaretten gefragt haben. Die alkoholisierten Männer sollen eine Schlägerei mit den beiden angezettelt haben. Dass Giuseppe M. und sein Freund zurückschlugen, war laut Staatsanwaltschaft als Notwehr gerechtfertigt.

Die Prügelei und Pöbelei hatten die beiden Schläger eingeräumt. Eine tödliche Hetzjagd hatte der 21-Jährige aber bestritten. Der 22 Jahre alte Mitangeklagte war verletzt im U-Bahnhof geblieben. Beide Täter hatten sich bei der Polizei gestellt. Sie waren den Ermittlern bereits wegen Raubdelikten und Körperverletzung bekannt.

Immer wieder kommt es in Berliner U-Bahnhöfen oder an Haltestellen zu Gewaltattacken, bei denen Menschen zufällig zu Opfern werden. Dieser Fall war der erste in Berlin mit tödlichem Ende. Zuletzt hatte das Urteil gegen einen Gymnasiasten zu heftigen Diskussionen geführt.

Nach einer Gewaltorgie gegen einen Handwerker im U-Bahnhof Friedrichstraße war der Schüler im September zu einer Jugendstrafe von zwei Jahren und zehn Monaten verurteilt worden. Er blieb aber auf freiem Fuß und konnte sich weiter auf sein Abitur vorbereiten, weil das Urteil noch nicht rechtskräftig ist.

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21 Kommentare

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  • K
    Kreuzberger

    "Migrantenbonus" ? Hallo ? Geht es euch noch gut ? Sucht ihr immer noch nach Gründen bzw. Rechtfertigungen eure Nazi-Parteien zu wählen und eure Sarrazin-Thesen zu verbreiten ? Braucht ihr nicht !!! Wählt wen ihr wollt, und redet jeden Mist, der euch einfällt. Das sind eure verfassungsrechtlich garantierten Freiheiten. Und wir Ausländer erwarten sowieso NICHTS von euch !!! Ihr Deutschen werdet euch NIE ändern, auch wenn alle Ausländer in Deutschland zu kastrierten Messdienern werden...

  • KB
    Karin Bryant

    Wieder mal ein " Urteil" wo der Migranten Bonus voll ausgereizt wurde.Wenn ein Gewalttäter nicht mehr Strafe bekommt als,ein Schwarzfahrer,dann stinkt etwas ganz gewaltig in der BRD!

  • DM
    das muß besser werden

    Habe nach ratloser Lektüre hier noch mal den Tagesspiegel konsultiert und fühle mich erst jetzt im Bilde.

    Kommt leider öfter vor, daß ich das tun muß.

  • OB
    Otto Bloch

    Der verantwonwortliche Richter begründet sein Urteil wie in Analogie andere furchtbare Juristen im Zusammenhang mit Vergewaltigungen und Gewalt gegen Farbige den Opfern eine Mitschuld gaben, indem sie das Aussehen der Opfer bzw. deren Miniröcke als Provokationsreiz interpretieren.

    Das Urteil dieses furchtbaren Juristen ist rassistisch, von der Aufregung in einem umgekehrten Fall ganz zu schweigen...

  • F
    Frage

    In wiefern retten diese Migranten das dt. Sozialsystem?

  • H
    Hatem

    Hier kann man der Familie von Giuseppe Marcone kondolieren:

    http://giuseppemarcone.de/blog/kondolenzbuch/

  • FE
    Frau Edith Müller

    Muss man wohl 2013 irgendwas dreckig rechtsradikales wählen, damit dieser Juristenmob wieder Urteile im Namen des Volkes fällt.

  • E
    Empörter

    unglaublich...natürlich schrecken solche leute nicht davor zurück einen Unschuldigen wegen einer Zigarette halb tot zu prügeln, denn die Justiz fasst diejenigen mit Samthandschuhen an und oft sind diejenigen die die Opfer schützen wollen die Schuldigen, denn sie hätten ja den Täter angegriffen.

     

    Und was macht die Politik ? Nichts...

  • VK
    Volk. K.

    Schrecklich dieses Urteil. Die armen Eltern. Was faelt deutschen Richtern bei Ihrer Urteilsfindung eigentlich ein. Da verliert man jegliches rechtsbewusstsein. Die Strafe ist ein Witz. Da lachen sich die Täterdoch schlapp. Die machen jetzt weiter. Hoffentlich gehen die Eltern in Berufung.

  • W
    willy

    Schnell wieder eine Machtdemonstration vor dem Rathaus Neukölln organisieren, gegen zu hart strafende Richter.

    Prämien für die edlen Wilden!

  • R
    Rudi@web.de

    Solche Skandalurteile sind Wasser auf die Mühlen der NPD und NSU. Was braucht es da noch rückständige Ideologien, wenn man Skandale wie diesen frei Haus geliefert bekommt. Aber wehe es fühlt sich ein Neonai beleidigt und tickt aus, dann sind wieder alle Deutschen kollektiv schuld...

  • S
    suswe

    Ausländergewalt wir in Deutschland praktisch nicht mehr rechtlich geandet, eine Bewährungsstrafe ist KEINE Strafe.

    Pech, dass es diesmal keine Kartoffel sondern einen Italiener getroffen hat, aber so ist das eben, wenn man schon prinzipiell auf der Seite der Täter steht. Dem Opfer bleibt dann nur der Hohn, und wenn sie nicht gerade türkisch sind, noch nicht einmal eine dicke finanzielle Entschädigung für die Angehörigen.

    Das ist der neue Rassimus in Deutschland, made by Rotfaschismus.

  • M
    menschenfreund

    Habe ich das Urteil richtig verstanden? Ein Menschenleben ist so viel Wert wie ein paar mal schwarz fahren?

  • B
    broxx

    Zum Kotzen! Und schon wieder gibts diesen unsäglichen Migrantenbonus. Und ihr wundert euch über Dinge wie "Rechtspopulismus"

  • M
    Maria

    Ich finde es billig, dass die TAZ diesen dpa-Bericht abschreibt, es aber nicht versäumt, die Namen der Verurteilten vorher zu streichen: Ali T. und Baris M.

     

    Ich erinnere an den Fall Torben. Und bitte hier auch die Kommentare lesen:

    http://taz.de/Die-Medien-die-Justiz-und-der-Fall-Torben-P/!77338/

  • F
    Falsch

    Das sendet ein völlig falsches Signal an die Jugendlichen und jungen erwachsenen, die einen Hang zur Gewalt haben.

    Solche Urteile übersetzen sich doch im Kopf von diesen Leuten ungefähr so:

    "Schau mal. Der hat ein Menschenleben auf dem Gewissen und muss dafür nichtmal in den Knast. Wenn ich möchte, kann ich auch erleben wie es ist einen Menschen zu töten und das ohne Folgen für mich oder meine Zukunft.

    Mal gucken.... vielleicht wenn ich nächstes mal genug getrunken hab... dann gehts ab!"

  • P
    Piefke

    Die Wege der Justiz sind unergründlich!

  • K
    keetenheuve

    Ein ungünstiger Zufall eben.... Wären die Täter NSU-verdächtig gewesen, hätte das Urteil wohl anders ausgesehen. Aber auch bei erfolgreicher Notwehr hätte es schlimme Folgen für das Opfer haben können, wie der Fall von Jusuf El-A. vor kurzem in Neukölln zeigte. A propos: Gibt es aus den Neuköllner Migrantenorganisationen eigentlich empörte Reaktionen über das milde Urteil? Wohl eher nicht....

  • J
    Jan

    Für die Hinterbliebenen ein Schlag mitten ins Gesicht!

  • H
    Hatem

    Unfassbar.

     

    Das Urteil (gegen einen einschlägig vorbestraften Täter) ist eine Aufforderung zum Weiter-so: Jage einen Menschen ohne jeden Anlass in den Tod - solange du das in Berlin tust, gehst du nicht in den Knast!

     

    Ich möchte mir nicht vorstellen, wie die Familie von Giuseppe sich fühlen muss...

     

    Ich schäme mich für diese Justiz.

     

    Und dieses Urteil ist Wasser auf die Mühlen der NPD.

  • MK
    Matthias Kastner

    Hätte der Schläger 50 Cent an fälligen Parkgroschen nicht bezahlt, wäre er wohl bis auf den Mond verfolgt, und mit aller Härte des Gesetzes bestraft worden