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U-Bahn-Ausbaupläne der BVGTeurer Spaß für wenig Fahrgäste

Sogar die Verkehrsverwaltung räumt jetzt ein, dass die geplante U3-Verlängerung in Zehlendorf an der Frage der Wirtschaftlichkeit scheitern könnte.

„Meisterleistung an Absurdität“: Senatschef Kai Wegner (CDU, 3.v.l.) bei der Feier für die U3-Verlängerung Ende April Foto: Hannes P Albert/dpa

Berlin taz | Die Verlängerung der U-Bahn-Linie 3 im Berliner Südwesten ist keineswegs so gesichert, wie die Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) und der Senat bislang glauben machen wollten. „Bei nicht gegebener Wirtschaftlichkeit kann das Projekt in dieser Form nicht realisiert werden“, räumt Verkehrsstaatssekretär Johannes Wieczorek (CDU) in einer Antwort auf eine parlamentarische Anfrage der Grünen-Abgeordneten Antje Kapek jetzt erstmals ein.

Dabei ist es gerade zwei Wochen her, dass die BVG mit großem Brimborium den „Startschuss“ für die nur 800 Meter lange Neubaustrecke zum S-Bahnhof Mexikoplatz gefeiert hat. Der Spatenstich Ende April galt zwar erst mal nur dem Neubau einer U-Bahn-Abstellanlage hinter der jetzigen Endstation Krumme Lanke.

Trotzdem nutzte unter anderem der Regierende Bürgermeister Kai Wegner (CDU) die Gelegenheit, um den beherzten Anpacker zu geben. Zu lang schon sei über U-Bahn-Verlängerungen diskutiert worden. „Wir sprechen nicht darüber, wir machen das gemeinsam mit der BVG“, erklärte Wegner.

Keine Aussage zum Zeitplan

Kapek nennt den Spatenstich auch mit Blick auf die Antwort auf ihre Anfrage „eine Meisterleistung an Absurdität“. Tatsächlich gibt ihr die Verkehrsverwaltung nun schriftlich, dass nicht mal klar ist, wann mit einem für den Bau benötigten Planfeststellungsbeschluss zu rechnen ist. Stattdessen heißt es von Staatssekretär Wieczorek: „Hierzu kann zum jetzigen Zeitpunkt noch keine Aussage getroffen werden.“

Eigentlich war der Beschluss für diesen Sommer angekündigt. Angesichts der fast 900 eingereichten und noch zu erörternden Einwendungen gegen die U3-Verlängerung in Zehlendorf durfte das schon zuvor als nahezu ausgeschlossen gelten.

Umso wichtiger sei es, dass der Senat in dieser Hinsicht aus dem Quark kommt, findet Antje Kapek. „Statt aufgeblasener Fototermine erwarten wir vom Senat echte Ergebnisse für dieses wichtige Bauvorhaben, das die Anbindung im Berliner Südwesten maßgeblich verbessern könnte“, so die verkehrspolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion.

Nur knapp über dem Durst bei der Wirtschaftlichkeit

Hinzu kommt die Sache mit dem Geld. Denn die U3-Verlängerung ist abgesehen von der Abstellanlage bisher nicht finanziert. Das in schweren Finanznöten steckende Land Berlin und das ebenso mies dastehende Landesunternehmen BVG hoffen zwar auf Fördermittel des Bundes. Doch die gibt es – wenn überhaupt – nur bei nachgewiesener Wirtschaftlichkeit. Die Kosten für das Projekt dürfen am Ende den erwarteten Nutzen also nicht überschreiten. Und genau an dem Punkt wird es kritisch.

Schließlich geht die BVG von nur 12.000 Fahrgästen aus, die täglich auf der neuen Ministrecke unterwegs sein werden. Zum Vergleich: Selbst die mit Abstand am schlechtesten frequentierte Berliner U-Bahn-Linie – die U4 vom Nollendorfplatz zum Innsbrucker Platz – kam zuletzt mit täglich 13.800 Nut­ze­r:in­nen auf ein höheres Fahrgastaufkommen.

Dennoch wurde das U3-Projekt von offizieller Seite stets als wirtschaftlich eingestuft. BVG und Senat veranschlagen hierfür 104 Millionen Euro. Bliebe es dabei – woran Kri­ti­ke­r:in­nen zweifeln –, käme man beim sogenannten Nutzen-Kosten-Index immerhin über den für eine Bundesförderung notwendigen Wert 1. Wenn auch nur äußerst knapp.

Das Problem sind aber insbesondere die zahlreichen Einwendungen, über die die unabhängige Planfeststellungsbehörde irgendwann befinden wird. Nicht alle davon dürften zurückgewiesen werden. „Das ist nicht trivial, mögliche Bedenken dieser Behörde zu überwinden“, sagt ein Kenner der Materie zur taz. „Bei dieser knappen Nutzen-Kosten-Kiste kann schon ein zusätzlicher Aufzug am Mexikoplatz das Aus für die Bundesförderung bedeuten.“

Ob Kai Wegner es nun gemeinsam mit der BVG machen will oder nicht: Das Projekt wäre vorerst gestorben.

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