Twitter-Sperre in Nigeria: Blauer Vogel unerwünscht
Nachdem Twitter einen Beitrag des Präsidenten gelöscht hatte, sperrte dieser den Kurznachrichtendienst. Gruppen wie Amnesty kritisieren das scharf.
Denn seit Freitag ist das Twittern in Afrikas Riesenstaat mit rund 220 Millionen Einwohner*innen, von denen gut 39 Millionen einen Twitter-Account haben, verboten. Wer das ignoriert, soll strafrechtlich verfolgt werden.
Auslöser war ein Tweet von Buhari vergangene Woche, in dem er Sezessionsbewegungen und deren Anhänger*innen im Südosten Nigerias kritisierte: „Viele von denen, die sich heute schlecht benehmen, sind zu jung, um Zerstörung und den Verlust an Menschenleben während des nigerianischen Bürgerkriegs zu verstehen“, hieß es darin.
Das Unternehmen löschte den Tweet, weil viele Nutzer*innen ihn als beleidigend empfanden. Tatsächlich ist die Unmut über die Regierung im Südosten und im ölreichen Nigerdelta groß. Angriffe auf Polizeistationen und staatliche Einrichtungen haben zugenommen.
Rache als Motiv
Das Twitter-Verbot gilt als Rache. Schon im April hatte es Unmut über den US-Konzern gegeben, als dieser Ghana zu seinem ersten Afrikastandort erkor. Die Begründung lautete, Ghana unterstütze Meinungsfreiheit, Demokratie und Digitalisierung. Zwischen beiden Ländern herrscht eine historische Rivalität.
Menschenrechtsorganisationen, Zivilgesellschaft und Botschaften haben das Twitter-Verbot scharf kritisiert und sehen die Meinungsfreiheit bedroht. Osai Ojigho, Leiterin von Amnesty International in Nigeria, nannte es eine „gefährlichen Vorgehensweise“ und betonte, dass niemand die Menschenrechte aussetzen könne. Die nigerianische Anwaltsvereinigung fordert, das Verbot umgehend rückgängig zu machen.
Dass Buhari allerdings seine Tweets je selbst verfasst hat, ist zweifelhaft. Der 78 Jahre alte Politiker wirkt bei öffentlichen Auftritten eher unbeholfen. Während einer Pressekonferenz im Jahr 2016 mit Kanzlerin Angela Merkel sagte er: „Meine Frau gehört in die Küche, ins Wohnzimmer und ins Schlafzimmer.“ Merkel konnte sich das Lachen nicht verkneifen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Hybride Kriegsführung
Angriff auf die Lebensadern
Kinderbetreuung in der DDR
„Alle haben funktioniert“
Niederlage für Baschar al-Assad
Zusammenbruch in Aleppo
Eine Chauffeurin erzählt
„Du überholst mich nicht“
Misogynes Brauchtum Klaasohm
Frauenschlagen auf Borkum soll enden
SPD im Vorwahlkampf
Warten auf Herrn Merz