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Tunesische Fundamentalisten verurteilt

■ Sieben Todesurteile und zum Teil hohe Haftstrafen wurden gegen Mitglieder der „Bewegung der islamischen Tendenz“ verhängt / Weil 90 Todesurteile gefordert waren, sprechen Anwälte vom Sieg der Vernunft

Tunis (afp/taz) - Es sei ein Sieg der Vernunft, kommentierte einer der Anwälte, während die Angeklagten „Allahu Akbar“ (Gott ist groß) riefen und sich dann aus dem Gerichtssaal führen ließen. In der Nacht zum Sonntag war - lang erwartet und immer wieder verschoben - das Urteil gegen 90 Mitglieder der „Bewegung der islamischen Tendenz“ MIT gefallen: Sieben der Fundamentalisten wurden wegen Vorbereitung eines Umsturzes mit iranischer Hilfe zum Tode verurteilt, davon jedoch fünf in Abwesenheit. 69 Angeklagte erhielten Strafen zwischen lebenslänglicher Haft und lebenslanger Zwangsarbeit, 14 wurden freigesprochen. Die MIT, eine fundamentalistische islamische Gruppierung, war 1981 gegründet worden. Die Gruppe hatte sofort ihre Zulassung als politische Partei verlangt, was aber von den Behörden abgelehnt wurde. Gleichzeitig erhielt sie jedoch halboffizielle Unter stützung - so wurde sie Anfang der achtziger Jahre vom damaligen und inzwischen geschaßten Ministerpräsidenten Mohammed Mzali empfangen. Sie sollte - so wurde vermutet, den Einfluß linker Strömungen im Land verringern. Wenn es sich bei den Mitgliedern der MIT auch um Sunniten handelt, die sich nach den fundamentalistischen Moslembrüdern in Ägypten ausrichten, so teilen sie doch mit den Schiiten im Iran das Aufbruchdenken und den Versuch, dem Islam zum Vormarsch zu verhelfen. Dem autoritären, laizistischen Regime Habib Bourguibas wurden die islamischen Unruhen auf der Straße und in den Unis unheimlich. Im September 1981 wurde das geistige Oberhaupt, Rached Ghannouchi, zu zehn Jahren Haft verurteilt, jedoch im August 1984 wieder begnadigt. Im März dieses Jahres holte die Regierung dann zum großen Schlag aus: Ghannouchi wurde erneut inhaftiert und danach eine große Anzahl MIT–Mitglieder - die Regierung spricht von 1.270, Menschenrechtsgruppen von 1.800, von denen inzwischen 1.400 verurteilt worden sein sollen. Kurz danach brach die tunesische Regierung die diplomatischen Beziehungen mit dem Iran ab, nachdem bekannt geworden war, daß angeblich tunesische Emigranten in Frankreich von Iranern zum Aufbau eines internationalen Terrornetzwerkes angeheuert worden seien. In Tunesien folgen ständige Auseinandersetzungen mit der Polizei, es wird gefoltert, Hausdurchsuchungen sind an der Tagesordnung. Dennoch ist fraglich, ob die Angeklagten an den ihnen vorgeworfenen Taten beteiligt waren. Am 2. August waren in Hotels der Badeorte Sousse und Monastir Bomben hochgegangen, die 13 Verletzte gefordert hatten, gegen ein Mitglied der herrschenden „Sozialistischen Destour–Partei“ war ein Säureattentat verübt worden. Zwar haben einige Angeklagte gestanden, die Attentate verübt zu haben, jedoch wurde vor Gericht erklärt, die Geständnisse seien unter Folter zustandegekommen. Tatsächlich ist die MIT eine eher gemäßigte Gruppierung, die behauptet, auf demokratischem Wege die Macht im Staat übernehmen zu wollen. In Tunesien haben sich daneben seit Jahren Ableger des schiitischen „Heiligen Kriegs“ gebildet, die jedoch nicht offen operieren. Daß nicht mehr Todesurteile verhängt worden sind, wird von Beobachtern auf Druck von Frankreich, den USA und Saudiarabien zurückgeführt, die eine weitere Radikalisierung befürchteten. Das Land steckt in der Endphase des autoritären pro–westlichen Bourguiba– Regimes in einer schweren wirtschaftlichen und politisch–sozialen Krise. Vor allem Jugendliche, von denen 40 Prozent von Arbeitslosigkeit betroffen sind, könnten sich radikaleren Gruppen anschließen. ant

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