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Türkisch-israelische BeziehungenFahndung per Facebook

Der türkische Geheimdienst will über Online-Netzwerke jene israelischen Soldaten identifiziert haben, die 2010 die Mavi Marmara stürmten. Dabei halfen Fotos.

Objekt des Anstoßes: Die Mavi Marmara im Hafen von Istanbul. Bild: reuters

ISTANBUL taz | Angeblich über Facebook und andere soziale Netzwerke, ist es dem türkischen Geheimdienst jetzt gelungen, die Identität von insgesamt 174 israelischen Soldaten herauszufinden, die an dem Angriff auf das türkische Hilfsschiff Mavi Marmara im Mai letzten Jahres beteiligt gewesen sein sollen.

Der Angriff der israelischen Armee auf die Flottille von Hilfsschiffen, die im letzten Mai versuchen wollten, die Blockade des Gaza Streifens zu Durchbrechen um Hilfsgüter zu den eingeschlossenen Palästinensern zu bringen, hat zu einer dramatischen Verschlechterung der Beziehungen zwischen der Türkei und Israel geführt. Bei dem israelischen Angriff waren acht türkische Staatsbürger und ein US-Amerikaner türkischer Herkunft erschossen worden.

Die Türkei wirft Israel vor, dass der Angriff völlig rechtswidrig auf hoher See, also noch außerhalb der israelischen Hoheitszone und weit vor der Gaza-Sperrzone erfolgt sei und die Tötung der Aktivisten einem staatlichen Mord gleichkomme.

Über ein Jahr haben die israelische und die türkische Regierung hinter den Kulissen über eine Entschuldigung aus Jerusalem und eine Entschädigung für die betroffenen Familien verhandelt, bis letztlich die Regierung Netanyahu, bestärkt durch einen UN-Bericht der die Blockade des Gaza Streifens für legitim erklärte, sich endgültig weigerte, den türkischen Forderungen nachzukommen.

Fotos israelischer Zeitungen

Die Türkei hat daraufhin vor vier Wochen den israelischen Botschafter ausgewiesen und angekündigt, sowohl die Gaza-Blockade als auch das Vorgehen der israelischen Armee vor ein internationales Gericht zu bringen. Aus diesem Grund hat der türkische Geheimdienst über Wochen intensiv versucht, die Identität der an der Aktion beteiligten Soldaten zu ermitteln.

Anhand von Fotos, die in israelischen Zeitungen erschienen waren und Fotos, die Teilnehmer der Hilfsflottille während des Angriffs schossen, soll es nun gelungen sein, die 174 Namen zuzuordnen, berichtete gestern die der Regierung nahestehende Zeitung Sabah.

Der Geheimdienst hat die Liste der türkischen Staatsanwaltschaft übergeben, die auch eine Kopie an die israelischen Behörden weiterleiten will.

Der türkische Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan hat wiederholt betont, zuletzt in seiner Rede vor der UNO-Vollversammlung am letzten Donnerstag, dass er den Vorfall nicht auf sich beruhen lassen wird. In einem Interview mit CNN sagte er, der israelische Angriff hätte gar ein Kriegsgrund sein können.

Momentan ist ein weiterer Streit um die Ausbeutung des Meeresgrundes südlich von Zypern in Gang. Die griechisch-zypriotische Regierung will mit israelischer Unterstützung nach Öl und Gas bohren, die Türkei hält das für illegal solang es keine politische Lösung zwischen Türken und Griechen auf Zypern gibt. Ein türkisches Forschungsschiff ist vor zwei Tagen ebenfalls in Richtung Zypern ausgelaufen, um eigene Explorationen vorzunehmen. Erdogan will das türkische Schiff notfalls mit Kriegsschiffen gegen israelische Manöver absichern.

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8 Kommentare

 / 
  • WS
    Was stand denn im Abkommen?

    Dort sollte z.b. festgeschrieben werden, daß Ansprüche gr. Familien im Norden verfallen.

    Resultat: 8000 britischen und irischen Rentnern wurden vom Norden illegalerweise griechische Grundstücke im Norden verkauft, meist in der Nähe ehemaliger gr. Siedlungen.

     

    Abgesehen davon ist Zypern immer eine gute Adresse für Exilanten aus Palästina gewesen.

  • S
    silvain

    Sind das eigentlich typische taz-Leser? Sollten die nicht lieber die BILD oder sowas lesen?

     

    Die türkische Armee, deren Freund ich sicher nciht bin, ist ein einziges Mal seit Bestehen der Republik "irgendwo" einmarschiert, und das war eben in Zypern unter Umständen, die etwas anderes waren als außer Kontrolle geratene Demos. Dass man sich jetzt zur VErteidigung der Türkei herablassen muss angesichts derart national-verbohrtem Blick, nun ja. Die Unterstellung jedenfalls, die TR würde ständig irgendwo bei irgendwelchen Staaten einmarschieren ist irgendwie seltsam. Eher kommt es wieder einmal zu einem Putsch, dafür gibt es immerhin historische Vorbilder.

    Genausogut könnte man sagen, es könne ich Griechenland zu einem Bürgerkrieg 1945-1950, oder zu einem Militärputsch (1968-1974) kommen.

     

    Dass die VErhandlungen in Zypern immer an "den Türken" scheitern, ist eine witzige, aber kontrafaktische Behauptung. An dem Konflikt in Zypern haben beide Seiten ähnliches zu verantworten. Bei der letzten Volksabstimmung haben sich die griechischen Zyprer gegen den Kompromiss ausgesprochen.

     

    Ein Kommentator, der sich auf den Standpunkt bezieht, dass es nur eine Regierung auf Zypern gebe, will das verständlicherweise nicht wissen. Man könnte ja auch sagen, wozu mit den Palästinensern verhandeln, die existieren doch gar nicht - als Staat.

     

    Und an Eidgenoss: Vielleicht schreiben Sie Ihre Email an den Außenminister der Türkei, dass die aufpassen sollen. Vielleicht überlegen die sich das dann nochmal!

  • N
    Neo-Osmane

    Die Israelis können so viele A-Bomben besitzen wie sie wollen, die Türkei ist nicht mit Ägypten, Jemen, Syrien oder sonst irgendeinem Land im Nahen Osten zu vergleichen. Wenn es sein muss wird das ganze Volk sich freiwillig für sein Land Opfern. Denn wir sind alle Patrioten. Natürlich stellt sich hier die Frage ob es denn sein muss? Als Pazifist glaube ich, das es grds. immer einen Weg gibt Probleme ohne einen Krieg zu lösen! Aber anscheinend will es ISRAEL nicht.

    Israel hat mit dieser Aktion seinen letzten Verbündeten in dem Umfeld verloren.

    Ein Volk das vor 60 Jahren nur knapp der endgültigen Vernichtung entkam, müsste doch am besten wissen, was es heißt unterdrückt zu werden.

    Die Palestinänser leben wie in einem Freiluft-KZ!

  • K
    Kriegstreiber

    Meine Vorredner scheinen sehr kriegslüstern zu sein.

     

    Mit dem Säbel rasseln ist wohl im Westen standard.

     

    Afghanistan

    Irak

    Somalia

    Palästina

     

     

    überall wo der Westen reingeht hinterlässt er Brandherde.

     

     

    Die Progrome die in Zypern an der türkischen Minderheit begangen wurden haben dazu geführt dass die Türkei als Schutzmacht den Norden besetzt hat.

     

    Aber es waren ja nur einige Moslems die Opfer der Programe waren, so dass es hier im Westen nicht realisiert wird.

     

    Wie in Bosnien Sebrenica, wird es den Westen nie interessieren, wer tatsächlich Schuld ist.

  • S
    Stefan

    Jawoll, die Terror-Türkei muss sofort in die EU.

    Unbeachtet von der Weltöffentlichkeit wurde verlaubart, dass die Türkei dämnächst mit dem Fascho-Iran im Nordirak die Kurden angreifen will.

  • B
    Beobachter

    @ Hera war Jesus

     

    Es kam damlas auf Zypern durch rassisitsch-griechische Banden zu Progromen gegenüber der türkisch-zypriotischen Bevölkerung. Sie wollten die Türken vertreiben und sich dem, zu dieser Zeit durch eine Militärdikatur regierte, Griechenland anschließen und ein Großgriechisches-Reich gründen. Wäre die Türkei damals nicht eingeschritten, wäre es wirklich zu einem Völkermord gekommen und die Welt hätte zugesehen. Es wären ja nur Türken gewesen, die dort ermordet werden.

    Natürlich kam es hinterher auch zu Ausschreitung gegenüber der griechischen Bevölkerung. ABER BITTE SCHÖN NICHT URSACHE UND FOLGEN VERMISCHEN!

     

    Abgesehen davon war die türkische Bevölkerung außerhalb der Politik fast immer positiv gegenüber der griechischen Bevölkerung eingestellt. Was man von den Griechen nicht behaupten kann. Man muss sich nur mal durch Griechenland oder Südzypern bewegen, extremen Rassismus findet man dort in der Bevölkerung gegenüber Türken, der sich sogar in die offiziellen Geschichtsbücher eingeschlichen hat.

    In Griechenland selbt, EINEM EU MITGLIEG, darf sich die türkische Minderheit nicht einmal türkisch nennen! Sie wird als muslimische Minderheit abgetan.

     

    Das die Nordzyperer gegenüber der Erdogancin Politik wäre ist schon verständlich, aber sie wollen bestimmt nicht vom Süden unterdrückt und ausgeraubt werden.

     

    Und ich erinnere, der Süden hat gegen die Wiedervereinigung gestimmt!

  • HW
    Hera war Jesus

    Sobald in Griechenland irgendwelche Streiks wirklich außer Kontrolle geraten, wird die Türkei im Norden einmarschieren, alle dort lebenden Muslime/Türken retten wollen und wieder werden sich massig Leute finden, die das mit drohendem Völkermord durch die Griechen rechtfertigen werden.

    Das "Forschungsschiff" mit zwei Kriegsschiffen ist bereits angekommen:

    http://www.keeptalkinggreece.com/2011/09/27/cyprus-drilling-tension-high-as-piri-reis-enters-block-12/

     

    Es gibt nur eine Regierung Zyperns, also braucht man nicht mit dem Geseiere von "Griechisch-Zyprisch" dem türkischen Propagandaministerium auf den Leim gehen. Der Norden ist schlichtweg besetzt und wenn sich der Staat Türkei da raus halten würde, gäbe es auch Ruhe. Das hat sich nicht zuletzt gezeigt, als bei Großdemos gegen den Sparkurs die Besatzungstruppen gegen türkische Demonstranten, die Zypernfahnen schwenkten, vorgingen und als der Norden mit Stromversorgung nach der Explosion geholfen hatte.

    Ansonsten ist nichts gegen die Ermittlungen zu sagen, aber bitte nicht alles vermischen.

  • H
    Hans

    Bekloppt, allemal bekloppt. Aber wieder ein schöner Grund für gegen Gesichtsbuch.