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Archiv-Artikel

Türkisch Türkis

Weltmusik boomt in Nordrhein-Westfalen. Bald jede Stadt schmückt sich mit einem Worldmusic-Event

Von NAW

Wer mit türkischer Musik nur Popstar Tarkan oder schnulzigen Arabesque verbindet, könnte überrascht werden: In der Bar des Consol-Theaters, dem Gewölbekeller des Maschinenhaus der Gelsenkirchener Zeche Consolidation, werden zurzeit Sounds produziert, die sich irgendwo zwischen Volksmusik und Jazz ansiedeln. Die vom Essener Veranstalter Kazim Calisgan initiierte Reihe „Her(t)zklopfen in Türkis“ präsentiert auch jene türkische Musik, die sich außerhalb des Mainstreams in Deutschland (weiter-)entwickelt hat.

Bestes Beispiel dafür ist das „Transorient Orchestra“. Die zwölf Musiker aus fünf verschiedenen Ländern eröffneten die Reihe, die noch bis Dezember läuft. „Wir haben bekommen, was wir immer haben wollten“, sagt der Veranstalter Kazim Calisgan stolz, der selbst Musiker in der Bigband ist. Er gehört zu den Pionieren der Weltmusik in Deutschland: Als er Anfang der 1990er anfing, gab es den Begriff noch nicht und auch keine Kooperation zwischen türkischstämmigen und deutschen Musikern.

Transorient produzieren auf der Bühne eine Mischung zwischen Jazz und Ethno, verfremden Volkslieder von der türkischen Schwarzmeerküste. Dazu dreht sich ein mit rotem Umhang bekleideter Derwisch immer schneller im Kreis. Dass die mystisch orientierten Muslime aus Konya so geistig abheben können, glaubt jeder sofort.

Doch wie nah oder fremd die Musik für deutsche Ohren klingt oder wie tanzbar die Musik auch ist – auf den Weltmusik-Konzerten herrscht ein Stimmungsproblem: Das Publikum bleibt still sitzen, kommt über steifen Beifall nicht hinaus. Es sammeln sich dort wohl Konzertgänger, die es schick finden, sich unbekannten Kulturen neutral zu nähern. Vielleicht sollten die stimmungsbremsenden Stuhlreihen doch lieber abgebaut werden.

Morgen spielt das Ensemble „incesaz“ Türkish New Folk. Die modernen Volkslieder tragen die Handschrift von Cengiz Onural, der auch die Gruppe „Yeni Türkü“ mit seinen Kompositionen maßgeblich beeinflusste. Für ihre neuen Interpretationen und Arrangements wurde noch kein Name gefunden. NAW

Do, 20:00 Uhr, Consol, GelsenkirchenInfos: 0209-9882282