Türkei will Gewässer verkaufen: Flüsse als Privatbesitz
Gewässerprivatisierung in der Türkei: Ein Bündnis von Attac, BUND und Ver.di protestiert in Berlin vor Regierungsplänen, die viele Landwirte bedrohen.
BERLIN taz Gegen die geplante Privatisierung von Gewässern in der Türkei haben Vertreter von Attac, BUND, Ver.di und weiteren Organisationen am Freitag vor der türkischen Botschaft in Berlin protestiert. Das Land wolle unter anderem die Nutzungsrechte an den Flüssen Euphrat und Tigris verkaufen, berichtete das Bündnis "SuKo". Die geplante Übergabe von mehr als 7.000 Unterschriften, die in Deutschland gegen die Pläne gesammelt wurden, scheiterte an den verschlossenen Türen der Botschaft.
In der Türkei sorgen die Pläne für große Sorge. "Über 20 Millionen Kleinbauern werden ihre Existenz verlieren", warnte Kenan Demirkol kürzlich. Der Arzt aus Istanbul ist Spezialist für Wasserprivatisierung. Noch in diesem Jahr wolle die Türkei die Nutzungsrechte für 49 Jahre an Großkonzerne verkaufen. "Viele Bauern werden sich kein Wasser mehr leisten können, um ihre Äcker zu bewässern", sagte Demirkol. "Das werden nur die reichen Großbauern und eine zentralisierte, industrielle Landwirtschaft überleben." Bei dem Deal gehe es um rund 3 Millionen Dollar, beschreibt er die Triebfeder der Regierung. Die Verantwortlichen verschwiegen den Bauern, dass sich der Wasserpreis mindestens verdoppelt. "Wer sich keinen Wasseranschluss leisten kann, bekommt keinen." Auch beim Weltwasserforum, das am Montag in Istanbul beginnt, wollen die Privatisierungsgegner protestieren. Bei dieser internationalen Konferenz zur globalen Wasserwirtschaft, so fürchten sie, werde für die weitere Privatisierung der Wasserversorgung geworben - obwohl die neoliberale Politik gescheitert ist.
Auf einem Gegenforum wollen sie ihre Positionen darstellen - unter dem Motto "Wasser ist Menschenrecht". Ein zentrales Anliegen der deutschen Vertreter richtet sich auch an die Bundesregierung: Wasser soll aus den internationalen Handelsverträgen herausgenommen werden, damit die Ressource jedem Menschen zugänglich bleibt, forderte Dorothea Härlin von Attac. Ver.di-Vertreter Mathias Ladstätter, der ebenfalls nach Istanbul reist, warnte, dass auch in Ostdeutschland komplette Gewässer zum Verkauf ausgeschrieben sind.
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