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Tschad: Der Fall Pinochet wird zum internationalen ModellDiktatoren dürfen zittern

Gastfreundschaft ist eine alte afrikanische Tradition. Viele afrikanische Diktatoren haben bei verständnisvollen Kollegen Unterschlupf gefunden, wenn ihr Heimatland sie verjagte. Hissein Habré, der nach seinem Sturz als Präsident des Tschad 1990 Asyl in Senegal erhielt, ist da kein Einzelfall. Umso bemerkenswerter ist es, wie Senegal jetzt diese Tradition durchbricht und zulässt, dass Tschads Expräsident Habré sich vor einem senegalesischen Gericht für die schweren Menschenrechtsverletzungen während seiner Herrschaft verantworten soll. Die mit dem Fall befassten Juristen weisen zu Recht darauf hin, dass alle Herrscher Afrikas diesen Prozess mit Argusaugen beobachten werden. Denn ihnen allen könnte einmal Ähnliches blühen. Flucht schützt nicht mehr vor Strafe.

Senegal, dessen seit 40 Jahren amtierende sozialistische Regierung innenpolitisch längst ausgelaugt wirkt, spielt damit wieder eine Vorreiterrolle. Schon in den 70er- und 80er-Jahren war Senegal das einzige schwarzafrikanische Land, das nach der Unabhängigkeit nicht das Mehrparteiensystem abschaffte. Es ist auch das erste afrikanische Land gewesen, das die Konvention über die Einrichtung eines Internationalen Strafgerichtshofs ratifiziert hat. Südafrika, das so gerne ein Vorbild für Afrika wäre, traute sich hingegen vor wenigen Monaten nicht einmal, den zur ärztlichen Behandlung eingeflogenen Äthiopier Mengistu zu verhaften, um einem Auslieferungsgesuch der äthiopischen Regierung zu entsprechen.

Das Vorpreschen Senegals wäre nicht möglich gewesen, wenn es den Präzedenzfall Pinochet nicht gäbe. Erst dadurch wurden internationale Menschenrechtsorganisationen ermutigt, Opfer der tschadischen Habré-Diktatur nach Senegal zu Anhörungen vor Untersuchungsrichtern zu bringen. Und erst dadurch gewann Senegals Justiz die Sicherheit, dass ein Verfahren juristisch überhaupt möglich ist. Auch wenn dies alles ist, was vom Fall Pinochet bleibt, bedeutet das einen immensen Fortschritt.

Der Prozess gegen Habré wird nun selbst zum Präzedenzfall. Da er nicht im Tschad stattfindet, ist die jetzt anstehende Aufarbeitung nicht innenpolitischen Erwägungen unterworfen. Sie wird auch nicht in die juristisch folgenlose Sphäre der Arbeit internationaler Menschenrechtsorganisationen entrückt. Sie bleibt neutral – und zugleich gewichtig. Insofern markiert der Fall Habré einen Neuanfang in der noch jungen internationalen Geschichte der Vergangenheitsbewältigung. Dominic Johnson

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