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Trümmer sind keine Kultur

■ Der Bremer Landesdenkmalpfleger zwischen Historie und Nostalgie

Für Bremens Landesdenkmalpfleger ist nur schützenswert, was „in der historisch original überlieferten Substanz“ erhalten ist. Aus sozialen Gründen werde er kein Objekt erhalten, betonte Hans-Christoph Hoffmann vor einem Publikum, dessen Zustimmung zu dieser Denkmals-Auffassung er sicher sein konnte. Die geduldig nickenden Herren im „Schütting“ widersprachen Hoffmann dann auch nicht, als er erneut den Abriß des Senatsgästehauses verteidigte. Für ihn repräsentiere der verbreitete Erhaltungswille jüngster Zeit eine keineswegs historische, „allenfalls nostalgische“ Einstellung.

Wenn Fälle wie das Senatsgästehaus geschützt würden, „täte sich die Bauwirtschaft schwer, Grundstücke zu finden“, betonte Bremens oberster Denkmalschützer in seinem Referat vor der Aufbaugemeinschaft Bremen, jener 1945 gegründeten „ersten Bürgerinitiative“, die sich die gemeinnützige Förderung der städtebaulichen Entwicklung in Bremen zum Ziel gemacht hat.

Doch als dann von einem der fachkundigen Zuhörer kolportiert wurde, daß für Hoffmann der Wiederaufbau des sogenannten Frese-Hauses längst vom Tisch ist, kam Bewegung in die Herren- Riege. Da war Denkmalschutz plötzlich so etwas wie Heimatschutz: 300.000 Mark hätten BremerInnen schließlich vor Jahren zusammengetragen, um den Wiederaufbau am Teerhof zu sichern. Sämtliche Architekten-Wettbewerbe zur Teerhofbebauung seien darauf abgestimmt gewesen, das eindeutig unter Denkmalschutz stehende Haus wieder zu integrieren. Und das soll nun alles vergessen sein?

Dr. Hans-Christoph Hoffmann betont: „Es ist kein Irrtum.“ Ein Wiederaufbau wäre Unsinn. „Die Entwicklung ist über die 50 Steine hinweggegangen“, stellt er fest. Schließlich seien von dem Haus nur noch Trümmer — jene 50 symbolisch befrachteten Steine nämlich — erhalten, und die seien in irgendeinem Landesmuseum besser aufgehoben. Auch ein aus originalen Einzelteilen wiederaufgebautes Objekt sei kein historisch originales Denkmal. Und auch die meisten Bremer Bauernhäuser seien längst nichts Ursprüngliches, Schützenswertes mehr, weil sie zahlreiche Nutzungsänderungen erfahren haben. Hoffmann: „Sie eignen sich höchstens noch zur Ökodatscha“. ra

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