Trotz Rabani-Ermordung: Karsai will Friedensprozess fortsetzen
Unter schweren Sicherheitsvorkehrungen erweisen die Afghanen Rabbani in Kabul die letzte Ehre. Auch nach dessen Ermordung will Präsident Karsai weiter mit den Taliban reden.
KABUL/NEW YORK dpa/afp Drei Tage nach der Ermordung von Ex-Präsident Burhanuddin Rabbani haben sich am Freitag Tausende Afghanen in Kabul versammelt, um Abschied von dem Vorsitzenden des Hohen Friedensrates zu nehmen.
Auch Delegationen aus arabischen Ländern und dem Nahen Osten seien in die afghanische Hauptstadt gereist, um Rabbani die letzte Ehre zu erweisen, sagte ein Sprecher von Präsident Hamid Karsai. Das afghanische Staatsfernsehen zeigte, wie der Sarg mit der Leiche Rabbanis vor dem Staatsbegräbnis am Freitag in den Garten des Präsidentenpalastes gebracht wurde.
Große Teile von Kabuls Innenstadt waren am Freitag aus Angst vor Anschlägen abgeriegelt. "Wir haben für das heutige Begräbnis zusätzliche Sicherheitsmaßnahmen ergriffen, sagte ein Polizeisprecher. Karsai, Kabinettsmitglieder, Abgeordnete und Diplomaten wollten an dem Staatsbegräbnis teilnehmen, das im Lauf des Tages auf einem Hügel in der Innenstadt Kabuls unweit von Rabbanis Anwesen stattfinden sollte.
Der Mord ist ein schwerer Rückschlag für einen von Karsai und vom Westen angestrebten Friedensprozess in Afghanistan, mit dem die Eskalation der Gewalt gestoppt werden soll. Bei der Beerdigungszeremonie sagte Karsai, "das Blut des Märtyrers und anderer Märtyrer zwingt uns, unsere Bemühungen so lange fortzusetzen, bis wir Frieden und Stabilität erreicht haben". Er warnte aber, zeitgleich zu den Friedensbemühungen werde die Regierung ihrer "Verantwortung" gerecht, die "Feinde des Friedens" energisch zu bekämpfen.
Rabbani, der als Vorsitzender des Hohen Friedensrates von Karsai mit der Aussöhnung mit den radikalislamischen Taliban und anderen Aufständischen beauftragt worden war, war am Dienstag in seinem Haus in Kabul getötet wurde. Der Selbstmordattentäter, der sich als Abgesandter des Führungsrates der Taliban ausgegeben hatte, hatte den Sprengstoff in seinem Turban versteckt gehabt. Die Taliban haben eine Beteiligung an der Tat bislang weder bestätigt noch dementiert
Außenminister Guido Westerwelle lehnte einen vorzeitigen Abzug deutscher Soldaten aus Afghanistan wegen der jüngsten Anschläge unterdessen ab. Die Bundeswehr könne "nicht einfach gehen und sich dem Terror beugen", sagte Westerwelle am Donnerstag (Ortszeit) am Rande der UN-Generalversammlung in New York. Die Bundeswehr soll nach heutigen Planungen zum Jahresende mit dem Abzug beginnen.
Derzeit sind etwa 5.000 deutsche Soldaten am Hindukusch stationiert. Der afghanische Außenminister Zalmay Rassoul äußerte nach einem Treffen mit Westerwelle die Einschätzung, dass Rabbani ermordet wurde, weil er Fortschritte bei der inner-afghanischen Aussöhnung machte. Auf die Täter gebe es konkrete Hinweise. Es sei aber noch zu früh, um darüber zu sprechen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Müntefering und die K-Frage bei der SPD
Pistorius statt Scholz!
Angeblich zu „woke“ Videospiele
Gamer:innen gegen Gendergaga
Lang geplantes Ende der Ampelkoalition
Seine feuchten Augen
Altersgrenze für Führerschein
Testosteron und PS
Rentner beleidigt Habeck
Beleidigung hat Grenzen
Haldenwang über Wechsel in die Politik
„Ich habe mir nichts vorzuwerfen“