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Trotz Kontaminierung mit GenpflanzenIllegaler Mais darf wachsen

Die Umweltministerien von Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz genehmigen die Verwertung von Pflanzen aus mit dem Genmais NK 603 kontaminiertem Saatgut in Biogasanlagen.

Das bisschen Genmais ist doch kein Problem. tönt's im Ländle aus dem Minischterium. Bild: dpa

STUTTGART taz | Siegfried Wucher will keinen Genmais: "Das ist Abfall, und den dürfen wir nicht nehmen", sagte der Sprecher des Fachverbands Biogas am Dienstag in Stuttgart. Da hatten Landwirte und Imker gerade vor dem baden-württembergischen Landwirtschaftsministerium demonstriert. Der Anlass: Zehn Landwirte in Baden-Württemberg hatten unwissentlich auf 170 Hektar konventionelles Saatgut ausgebracht, das aber zu etwa 0,1 Prozent mit der gentechnisch veränderten Sorte NK 603 des US-Saatgutkonzerns Monsanto verunreinigt war.

Die zuständigen Umweltministerien in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz empfehlen den Bauern, den Mais unterzupflügen und neu zu säen. Sie dürfen die Pflanzen aber auch wachsen lassen und dann in Biogasanlagen verbrennen - dafür war die Sorte ursprünglich vorgesehen. Allerdings darf NK-603-Mais in Deutschland gar nicht angebaut, sondern nur als Futter- und Lebensmittel verkauft werden.

Nicht nur der Biogas-Fachverband, sondern auch Imker, Biolandbauern, der Landwirtschaftliche Hauptverband in Baden und der BUND wollen verhindern, dass die Pflanzen wachsen dürfen. Sie fordern, dass sie noch auf den Feldern vernichtet werden. Denn wenn der Mais erst blühe, sei nicht zu verhindern, dass auch andere Felder kontaminiert würden. Die Saatgutfirmen müssten die Bauern für die Arbeit und den Ausfall entschädigen. Dem Umweltministerium droht Bioland mit einer Klage. Der Lieferant des verunreinigten Saatguts, die deutsche KWS Saat AG, zweifelt die Kontamination an. Man arbeite in Europa nicht mit NK 603.

Momentan gilt in der EU eine Nulltoleranz: Sobald im Saatgut auch nur die geringste Spur von nicht genehmigtem Genmais entdeckt wird, ist eine Aussaat nicht erlaubt. Unter Federführung von Baden-Württemberg wollen einige Bundesländer nun einen Grenzwert durchdrücken. Eine Verunreinigung von 0,1 Prozent soll in Ordnung sein und auch nicht gekennzeichnet werden müssen. Zahlreiche Verbände wollen dies verhindern.

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9 Kommentare

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  • K
    Klaus

    Herr Dr.Langelüddeke,als ehemaligem Bayer-Konzern Manager und ausgewiesenem Pro-Gentechfreak,unterlief hier "nur" ein Rechenfehler,den er ja berichtigte.

    Ansonsten beschimpft er im transgen-forum auf meist rüde Art und Weise jeden Gentechkritiker der nicht seine Meinung teilt,als dumm("Grütze im Hirn"),der nur die zu erwartenden Segnungen der Agro-Gentechnik behindern wolle.Risiken kann er dabei absolut keine erkennen.

  • A
    Anni

    Peter, bitte lerne doch erst einmal Dreisatz rechnen, ehe Du Dich mit falsch geschätzten Ergebnissen ans Philosophieren über den "gesunden Menschenverstand" machst...

  • BK
    Bettina Klose

    Die Rechtslage ist doch offenbar eindeutig: Bei feststellbarer gentechnischer Verunreinigung darf das Saatgut nicht ausgebracht werden. Also: Nachweis führen und das Zeug auf Kosten der Lieferanten wieder entfernen.

    Ich finde es auffällig, daß unsere Politiker immer wieder Ausnahmen vom geltenden Recht machen wollen zugunsten der Gentech-Mafia

     

    Und dann ist da ja auch noch das Problem, daß Monsanto rechtzeitig bei zur Ernte kommen und feststellen kann, daß dort die patentrechtlich geschützte Sorte NK 603 wächst ohne daß dafür Lizenzgebühr entrichtet wurde und folglich die Ernte einkassieren oder Schadensersatz fordern kann...

  • PL
    Peter Langelüddeke

    Sorry, mir ist in meinem Kommentar ein Fehler unterlaufen. 0,1 % von 80.000 Pflanzen sind nicht 8, sondern 80 Pflanzen. Bleiben dann immer noch 79.920 konventionelle übrig. Das ändert aber nichts an der Beurteilung.

     

    Im übrigen hieß es in anderen Meldungen, der unerwünschte Gehalt transgener Saatkörner liege bei weniger als 0,1, aber mehr als 0,03 %. Das wären dann weniger als 80, aber mehr als 24 Pflanzen pro Hektar.

  • S
    susi

    Die Genmafia ist verdammt clever und manipuliert uns mit den faffiniertesten Mitteln - wie zum Beispiel Prozent-Peter in seinem Kommentar unten. Ob diese Prozentrechnung wirklich stimmt? Und gar die biologische Schlussfolgerung? Oder will uns Genosse Prozent-Peter für dumm verkaufen?

  • RF
    Rainer fricke

    Es muss unbedingt bei der "Nulltoleranz" für Genmais in Deutschland (und möglichst in ganz Europa) bleiben, weil sonst die "Patentbesitzer" die Bauern, deren Felder mit dem genmanipuliertem Mais "kontaminiert" sind, wegen illegaler Nutzung des Patents verklagen können. Das hört sich irrwitzig an, ist aber in Kanada "state of the judge-art".

  • PL
    Peter Langelüddeke

    Ich weiß nicht soll ich mich amüsieren oder soll ich mein Haupt verhüllen über diese Diskussion. Da wird eine „Kontamination“ von 0,1 % festgestellt. Was heißt das aber in der Praxis? Pro Hektar rechnet man mit 80.000 Maispflanzen. Bei 0,1 % macht das nach Adam Riese also 8 Pflanzen, die irgendwo im Feld zwischen 79.992 anderen Pflanzen stehen. Wenn diese 8 zusammen mit den anderen blühen, bleibt der Pollen garantiert irgendwo bei den übrigen Pflanzen hängen. Aber da ist Gentechnik im Spiel, und da spielt gesunder Menschenverstand keine Rolle: Selbst der Biogas-Fachverband will die Pflanzen – noch einmal: 79.992 konventionelle plus 8 unkonventionelle – nicht haben. Haben die guten Leute Angst, daß das Methan nachher nach Gentechnik riecht?

  • A
    Antonietta

    Die wirtschaftliche Nutzung der Gentechnologie ist an die Freisetzung gentechnisch veränderter Pflanzen oder Organismen gebunden und hier entsteht ein großes Gefahrenpotential. Es fehlen jegliche Vorstellung und Risikoanalyse darüber, was unter Freilandbedingungen eintreten kann. Der einmal freigesetzte gentechnisch veränderte Organismus kann nie wieder eingefangen werden und seine Auswirkungen auf das ökologische Gleichgewicht des Biotops sind nicht einmal abschätzbar.

     

    Die Flächen mit den drei wichtigsten gentechnisch modifizierten Sorten Soja, Mais und Raps sind deutlich gewachsen. Demgegenüber ist die insektenresistente Baumwolle in den Vereinigten Staaten rückläufig. Bei den genannten vier Pflanzenarten ist der Anteil der gentechnisch erzeugten Sorten am gesamten Saatgut auf knapp ein Viertel gestiegen. Fast schon ein Drittel der Sojabohnen werden weltweit mit biotechnologisch hergestelltem Ausgangsmaterial erzeugt.

  • KK
    Karl Kraus

    Es gibt einen Trick der Genpflanzenfirmen, die Toleranzschwelle für GVOs zu eröhen: Sie kontaminieren absichtlich große Mengen normaler Ernten, wo immer sie können, damit man anschließend behaupten kann, er gebe eh keine Möglichkeit, o,o% Verunreinigung sicherzustellen, da sich ja ganz unabsichtlich der Kram schon ausgebreitet habe. So kann man immerhin noch ein bisschen die konventionellen Ernten aufblähen mit kleinen Mengen verbotener Pflanzen. Das läppert sich und ist eine prima Möglichkeit, mit illegalen Substanzen dennoch Geld zu verdienen. Zudem kann ab dem Moment, in dem BW eine 0,1%-Grenze durchdrückt, kein normaler Bauer mehr gegen die Genmafia klagen. Das erzeugt wiederum Freiräume für GVOs, und danach werden wohl auch die Biobauern nicht mehr klagen können, weil es ein weiteres Gesetz geben wird.