Trotz Einspruch der US-Regierung: Texas exekutiert Mexikaner
Wegen Mordes und Vergewaltigung ist in Texas ein Mexikaner hingerichtet worden. Dabei wurde gegen die Wiener Konvention verstoßen. Auch der Einspruch der US-Regierung war vergebens.
BERLIN taz | Im US-Bundesstaat Texas ist am Donnerstagabend der 38-jährige Mexikaner Humberto Leal Garcia, Jr. per Giftspritze hingerichtet worden. Leal war wegen der Vergewaltigung und brutalen Ermordung einer 16-Jährigen 1994 zum Tode verurteilt worden. In seinen letzten Worten in der Hinrichtungskammer übernahm er die volle Verantwortung für seine Tat und sagte, dass er sie bereue. Kurz vor seinem Tod rief er noch zweimal: "Viva Mexico!"
Tatsächlich hatte die Regierung seines Heimatlandes - das er mit seinen Eltern allerdings schon als Kleinkind Richtung USA verlassen hatte - bis zuletzt versucht, Leal vor der Hinrichtung zu bewahren. Wichtigster Punkt: Obwohl das auch von den USA unterzeichnete Wiener Abkommen über konsularische Beziehungen zwingend vorschreibt, dass im Falle einer strafrechtlichen Ermittlung gegen einen Ausländer dessen konsularische Vertretung informiert werden muss, war das bei Humberto Leal nicht geschehen.
Und nicht nur in seinem Fall: Auf Antrag der mexikanischen Regierung hatte der Internationale Gerichtshof in Den Haag 2004 entschieden, dass die USA in Fällen von 51 inhaftierten Mexikanern gegen die Bestimmungen des Wiener Abkommmens verstoßen hatte und die Fälle neu aufgerollt werden müssten. 2008 hatte die US-amerikanische Regierung, damals noch unter Präsident George W. Bush, anerkannt, dass der Spruch des IGH bindend sei.
Im Fall Leal hatte die Obama-Regierung sich für einen Aufschub der Hinrichtung eingesetzt und sogar den Obersten Gerichtshof angerufen, um aufgrund des Verstoßes gegen das Wiener Abkommen eine Verschiebung zu erreichen. Doch der nach wie vor mit konservativer Mehrheit besetzte Gerichtshof hatte den Antrag am Donnerstagabend mit 5 zu 4 Richterstimmen abgelehnt. Ihre Begründung: Nach wie vor sind die Bestimmungen des Wiener Abkommens nicht in der US-Strafprozessordnung verankert. Ein entsprechender Gesetzentwurf des demokratischen Senators Patrick Leahy liegt dem Senat zwar vor, ist aber noch nicht verabschiedet.
Man habe sich, argumentierte die konservative Richtermehrheit nun, an geltendes Recht zu halten und nicht an Gesetze, die vielleicht einmal gelten könnten. Eine Stunde nach dem Richterspruch war Humberto Leal tot.
USA verweigert nicht zum ersten Mal konsularische Betreuung
Bereits 1999 war die deutsche Bundesregierung im Falle der zum Tode verurteilten und dann hingerichteten deutschen Brüder Walter und Karl-Heinz LaGrand vor den Internationalen Gerichtshof gezogen. Auch ihnen war konsularische Betreuung vorenthalten worden, auch damals hatte die US-Justiz internationale Proteste und die einstweilige Anordnung des Internationalen Gerichtshofs ignoriert.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste
Politikwissenschaftlerin über Ukraine
„Land gegen Frieden funktioniert nicht“
Juso-Chef über Bundestagswahlkampf
„Das ist unsere Bedingung“
Internationaler Strafgerichtshof
Ein Haftbefehl und seine Folgen
Verein „Hand in Hand für unser Land“
Wenig Menschen und Traktoren bei Rechtspopulisten-Demo
taz-Recherche zu Gewalt gegen Frauen
Eine ganz normale Woche in Deutschland