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Archiv-Artikel

Triumph des Willi

Es tut so weh! Die schönsten Dichter-Anekdoten der Welt (2) – mit echten Kalauern

Der wüste Dramatiker Arnolt Bronnen („Vatermord“) war ein gewaltiger Trinker vor dem Herrn. Als er eines Abends in einer Berliner Gastwirtschaft wieder mal Krug auf Krug orderte und leerte, entstand im Kreis seiner Schreib- und Saufkumpane zu vorgerückter Stunde das Aperçu „Der Krug geht so lange zum Bronnen, bis der bricht“. So kam es dann auch.

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Als der Lyriker Gottfried Benn mit seiner Freundin und Kollegin Else Lasker-Schüler einen kurzen gemeinsamen Arbeitsurlaub in die Lüneburger Heide unternahm, stand er schon mit den Heidschnucken auf und begann unverzüglich zu dichten, während Else lange schlief und trödelte, bevor sie die erste Strophe zu Papier brachte. „Ich kann dir sagen, warum aus dir nichts wird“, schalt Benn sie bereits am zweiten Tag: „Müßiggang ist aller Lasker Anfang.“ Hier unterlief Benn ein Freud’scher Versprecher, über den er sich sehr ärgerte. Die Lasker aber lachte.

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Immer wieder wurde die Lyrikerin Nelly Sachs mit ihrer Kollegin Ina Seidel verwechselt. Als sie einmal in einem Wiener Beisel ein Bier bestellte, fragte der Kellner: „Krügl oder Seidl?“ – „Sachs“, antwortete die Sachs missmutig.

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Bei einem Interview fragte ein Journalist Max Frisch, woran er zurzeit arbeite. „Andorra“, antwortete Frisch. Der bald darauf erschienene Artikel des Journalisten endete mit den Worten: „Zur Zeit arbeitet Max Frisch an einem neuen Werk. Es wird ‚Dorra‘ heißen.“

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Wäre sie nicht eine emsige Schriftstellerin geworden, hätte Gabriele Wohmann vielleicht auch eine Karriere als Sängerin machen können. Zumindest pflegte sie oft, gern und laut zu singen und dabei wenig Rücksicht auf ihre Umgebung zu nehmen. Die, weil Gabrieles Singen nicht zu unterbinden war, allenfalls mit gequälter Ironie reagieren konnte. Sprichwörtlich wurde der Ausruf des Literatur- und Musikkritikers Joachim Kaiser, der bei einer Tagung der Gruppe 47, Wohmann auf dem Flur trällernd sich nähern hörend, seufzte: „Wohmann singt, da lass dich ruhig nieder.“

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Als Autor einen guten, als Gastgeber jedoch einen zweifelhaften Ruf hatte Gerold Späth, was er seinen dürftigen Kochkünsten verdankte, deren ungeachtet er jedoch gern und häufig kochte und einlud. Weil ihm Gäste zu bewirten unheimlich viel bedeutete, wagte niemand, Einladungen oder die dargebotenen Speisen auszuschlagen. Erst wenn man den Abend mehr schlecht als recht überstanden hatte, machte man noch auf der Straße seinem Unmut Luft. Besonders grausam litt regelmäßig Späths Freund und Förderer, der als Meisterkoch (Fischsuppen) und Gourmet bekannte Günter Grass, der gequält kalauerte: „Wer zu Späth kommt, den bestraft das Leben.“

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„Hat mal jemand die genaue Uhrzeit?“, fragte Hans Wollschläger bei einem Messeempfang des Haffmans Verlags in die Runde. „Genau siebzehn Uhr zwölf“, antwortete der Kollege Hermann Kinder nach einem raschen Blick auf seine Armbanduhr. Worauf der Verleger Haffmans – nach einem Kontrollblick auf die seine – bestätigte: „Kinder-Mund tut Wahrheit kund.“

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Obwohl er mit seinem Roman „Schlafes Bruder“ dem Verlag R. in L. einen epochalen Bestsellererfolg und Rekordumsatz oder auch Umsatzrekord beschert hatte, war der Autor Robert Schneider in dem ehrenwerten Haus binnen kurzem aufgrund seiner Überheblichkeit und penetranten Poetenposen überhaupt nicht mehr gelitten und, sein weiteres Schaffen und Auftreten betreffend und überhaupt, an andere Verlage verwiesen worden. Dennoch lebte Schneider in den verwinkelten Fluren des Unternehmens weiter, hatte sich dort doch der schöne Brauch etabliert, an der Lektoratstür Klopfenden mit einem schallenden „Herein, wenn’s kein Schneider ist“ zu antworten. Vorausgesetzt, die Tür war geschlossen.

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Nachdem der Berliner Verleger Klaus Wagenbach vom Verlag Klaus Wagenbach in Berlin auf einer Vertreterkonferenz für die neue Saison enthusiastisch einen neuen Lyrikband des schon seit geraumer Zeit verstorbenen Erich Fried mit einer neuen Zusammenstellung alter Fried-Gedichte in neuer Ausstattung und mit neuem Ladenpreis angekündigt hatte, wurde in der Vertreterschar murrender Einspruch laut. Ob es denn nicht irgendwann mal gut sei mit den ewigen Fried-Ausgaben, wagte einer der Reisenden vorsichtig zu bedenken zu geben. Erwartungsgemäß schmetterte der Verleger die kritische Frage postwendend ab. „Wenn“, so beschied er knapp, „wenn unser ganzes Gesamtprogramm – und vielleicht sogar mein Name! – schon längst vergessen ist, werden die Leute immer noch Fried-Gedichte kaufen, und zwar bis zum Jüngsten Tag. Denn Erich währt am längsten!“ Also fand man sich ab.

THOMAS SCHAEFER