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Tristesse a la regionale

■ Letzter Spieltag vor der Winterpause: Vier von sechs Hamburger Drittligisten droht Weihnachten die Rute

Es soll Leute geben, die denken, in der Fußball-Regionalliga spielten Amateure. Aus der Regionalliga ist aber inzwischen eine dritte Profiklasse geworden. Ein geschätzter 15-Millionen-Mark-Etat der 18 Nordvereine zeigt, in welche Richtung der sogenannte Amateur-Fußball geht.

Einen wesentlichen Anteil an der Kommerzialisierung haben Traditionsteams, die es in die dritte Etage verschlagen hat. So ist Zweitliga-Absteiger Hannover 96 mit einem Etat von 6,5 Millionen Mark auch finanziell unangefochtener Spitzenreiter. Kein Wunder, zu den Derbies gegen Verfolger Braunschweig und Ortsnachbar Ricklingen kamen jeweils 24 000 Zuschauer. Soviele Besucher haben einige Regionalligisten nicht einmal im ganzen Jahr.

Mit den Fans kamen aber auch die Probleme in die Stadien. Während die Profivereine inzwischen bemüht sind, Hooligans bzw. Rechtsradikalen keine Plattform mehr zu geben, können sich die trüben Tassen in der Regionalliga wie zu Hause zu fühlen. Ungestört darf bei Hannover 96 die Reichskriegsflagge gehißt werden. Schwachköpfe aus Osna-brück forderten beim Spiel gegen die Amateure des FC St. Pauli gar, eine U-Bahn von St. Pauli nach Auschwitz zu bauen.

In Braunschweig hat der Verein inzwischen auf die „Sieg Heil“-Rufe mancher Fans reagiert. Vor dem Heimspiel gegen Göttingen 05 wandte sich die Mannschaft in einem offenen Brief an die eigenen Fans: „Die Minderheiten, die heute noch rechtsradikale Parolen brüllen, wollen wir hier nicht.“ Auch die Fanclubs wandten sich gegen den Mob in den Stadien. Andere Vereine konnten sich zu solchen Aktionen noch nicht durchringen.

Doch es wird auch noch Fußball gespielt. Da sieht es für die Hamburger Vertreter mau aus. Von den sechs Vereinen konnten bislang nur der 1. SC Norderstedt und die Amateure des HSV überzeugen. Beide Mannschaften haben sich im oberen Drittel festgesetzt, sind allerdings ohne Hoffnungen auf den Meistertitel. Dreizehn Punkte Rückstand auf Tabellenführer Hannover sind zuviel.

Die restlichen Hamburger Teams stecken im Abstiegskampf. Am schlechtesten steht es um den SC Concordia. Erst zwei Siege und elf Tore aus 18 Spielen konnte der Tabellenletzte bislang verbuchen. Ähnlich schlecht sieht es für Aufsteiger Altona 93 aus. Die spektakulärste Leistung der Saison war die Verpflichtung von Millerntor-Legende Volker Ippig als Torwarttrainer.

Auch der Bundesliga-Nachwuchs des FC St. Pauli sitzt im Tabellenkeller. Mit dem jungen Kader – elf Spieler sind unter 21 Jahre alt – war dies nicht anders zu erwarten. Einzig der SV Lurup zeigt aufsteigende Tendenz. Nach 14 sieglosen Spielen kehrte der ehemalige HSV-Profi Elard Ostermann zurück. Prompt wurden in den nächsten fünf Spielen zehn Punkte geholt. Eberhard Spohd

Der letzte Spieltag vor der Winterpause: Concordia – Werder (heute um 19.30 Uhr), HSV – Wilhelmshaven, Altona 93 – Braunschweig, Celle – St. Pauli, Göttingen – Norderstedt (alle morgen um 14 Uhr) und Hannover – Lurup (um 15.30 Uhr).

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