Tristan da Silva in der NBA: Das nächste deutsche Talent
Tristan da Silva ist das nächste deutsche Talent. Bei den Orlando Magic in der US-Basketballliga reift er mit größter Selbstverständlichkeit heran.
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T ristan da Silva hatte noch keinen einzigen Schweißtropfen auf der Stirn, da musste er schon wieder das Feld verlassen. Sein NBA-Spiel Nummer 36 war nach gut einer Minute beendet. Er ging am Sonntag ohne sichtliche Beeinträchtigung vom Parkett und dann schnurstracks in die Kabine. Sein Verein, die Orlando Magic, sprachen hinterher von einer „Krankheit“, die ein Weiterspielen verunmöglicht habe.
Näheres wurde nicht bekannt. Der 23-jährige Basketballprofi aus Deutschland hätte natürlich gern in der Startformation seines Teams aus Florida und gegen die Philadelphia 76ers weitergespielt, denn für einen NBA-Rookie, also einen Neuling in der besten Basketballliga der Welt, ist das ein besonderes Privileg, mit den Besten anzufangen.
Aber so schreibt sich der gebürtige Münchner ein in die lange Verletztenliste der Magic. Franz Wagner laboriert seit Wochen an einem Bauchmuskelriss, Bruder Moritz Wagner erlitt vorm Jahreswechsel einen Kreuzbandriss im linken Knie. Starspieler Paolo Banchero ist erst kürzlich zurückgekehrt; bei ihm hatte auch der Bauchmuskel lange gezwickt.
Im Spiel gegen die 76er fehlten außerdem die Magic-Profis Jalen Suggs, Kentavious Caldwell-Pope, Jett Howard und Gary Harris. Trotzdem sprang ein Sieg heraus: 104:99. Das Reservoir ein guten NBA-Spielern scheint unendlich zu sein: Fallen die Stars aus, ist der Leistungsabfall nicht so groß wie in anderen Ligen.
Im Wanderzirkus der Ballartisten
Seit einigen Monaten gehört Tristan da Silva nun zu diesem großen Wanderzirkus der Ballartisten. Er wurde an Position 18 in der Verlosung der Talente, im NBA-Draft, von Orlando ausgewählt. Die Späher des Vereins wollten ihn, weil sein Basketball-IQ, wie sie sagten, enorm hoch und er flexibel auf dem Feld einsetzbar sei. Außerdem schien es nicht von Nachteil zu sein, dass die deutsche Dependance um ein Mitglied erweitert wird.
Das erleichtert die Integration, die Tristan da Silva aber nicht schwergefallen sein dürfte, denn er spielt seit vielen Jahren in den USA Basketball, zuletzt auf dem College in Colorado, wo er den Studienschwerpunkt auf Finanzen legte und darüber hinaus überzeugende Leistungen im Sport bot: im Durchschnitt 16 Punkte und eine Trefferquote von fast 50 Prozent aus dem Feld.
An diese Werte kommt Tristan da Silva in seiner ersten NBA-Saison noch nicht heran, aber immerhin erzielt er neun Punkte im Schnitt. Coach Jamahl Mosley kann sich blind auf ihn verlassen, und sicherlich kommt die Verletzungsmisere dem Rookie insofern zupass, als er mehr Einsatzzeit auf dem Feld bekommt. Dort wirkt er abgeklärt, ruhig, fast schon souverän. Wenn ihm etwas Besonderes gelingt, grinst er still in sich hinein.
Es ist abzusehen, dass ihm eine vernünftige NBA-Karriere bevorsteht, die er am Tag seiner Beförderung in einem auffälligen Outfit begann. Der schwarz-rote Anzug war recht auffällig, und im Futter war rechts die brasilianische Flagge vernäht, links die bayrische. Ein Aufnäher der International Basketball Academy von München fehlte auch nicht. Auf der Ibam formt vor allem Coach Robert Scheinberg Toptalente, die nicht selten zu groß werden für den angeschlossenen Verein MTSV Schwabing.
Tristans Bruder Oscar da Silva ist da auch groß und gut geworden, der zwar nicht in der NBA, aber immerhin für den FC Bayern München spielt. Beide da Silvas haben schon früh eine gewisse Basketballverrücktheit entwickelt, waren auch an den Wochenenden stundenlang in der Halle, um Spiele der Nachwuchsteams anzusehen. Der Vater, Valdemar da Silva, führt unweit des Gasteigs eine Bar, die Mutter stammt aus Bayern.
Die Kinder können neben Deutsch nicht nur Portugiesisch, Englisch und Französisch sprechen, sie sollten künftig auch den Stamm des deutschen Nationalteams bilden. Die Vorschusslorbeeren für Tristan da Silva sind groß, die ARD fragte, ob er der nächste Dirk Nowitzki werde, der Spiegel findet, er begeistere die Fans mit „seiner lockeren Art“. Darauf dürfte der 2,03 Meter große Spieler nicht viel geben. Tristan da Silva weiß: Es geht langsam voran, Korb für Korb.
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