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Trio nach dem 9.November

■ Helmut Forsthoff/DDR meets Mueller/Berger

Da verabredeten zwei Musiker, die sich nach dem 9. November in Berlin zufällig kennengelernt haben, ein gemeinsames Konzert. Christine Mueller aus Bremen und Helmut Forsthoff (Saxophon) aus Berlin-Ost stimmen den Pianisten Michael Berger auf ihren Plan ein. Genau das ist die Idee des Bremer Vereins ECHO: Begegnung von Künstlern aus unterschiedlichen Ländern mit ihren Ansätzen und Erfahrungen.

Helmut Forsthoff ist Mitglied im Nationalen Jazz-Orchester der DDR, spielt in der Zerbe Blechband und in seinem eigenen Forsthoff-Quintett „zwischen Jazz und Brecht“, experimentiert mit synthetischer Musik und mit Naturinstrumenten. Christiane Mueller und Michael Berger sind in Bremen zumindest seit ihrem „Deutschlandabend“ bekannt.

Was die drei am Samstag abend im überfüllten Ambiente darboten, war mehr als ein bißchen Zusammenspiel: ein Experiment mit Text, Stimme, Sax und Piano. Christiane Mueller bot Lieder

und Texte von Krieg und Frieden, Frust und Lust - und gerade da läßt sie sich beherzt von den zwei Männern begleiten.

Ein „literarisches Konzert“, das diesem Titel gerecht wird. Die drei boten sinnliche Spiellust, ihre Kommunikation, ihr Blickkontakt, ihr Drohen, Flehen, Schmeicheln waren sichtbar, das Publikum ins Geschehen so einbezogen. Die drei feuerten sich und das Publikum die drei an.

Die Gespräche zwischen Saxophon und Piano waren spannungsgeladen, Berger, virtuos wie immer, mit Ansätzen von Maurice Kagel bis zur Kaffeehausmusik, rieb sich furchtbar fruchtbar an den teilweise schrägen, nur in wenigen Passagen klassisch melancholischen Saxophonklängen. Forsthoff entlockte seinem Instrument Spalttöne, die die Mueller mit ihrer dunklen Stimmen bis zum Diskant trieben... Eine Kakophonie. So stell ich mir, wenn überhaupt, die Wiedervereinigung vor.

Rita Gerlach

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