Trinkwasser: Bleifrei, bitte
Verbotene Bleirohre in Altbauten sind gefährlich. Doch für eine Kontrolle fehlt den Bezirken Personal. Nun wollen die Wasserbetriebe Meldung machen.
Die Wasserbetriebe wollen in Zukunft gegen Hausbesitzer vorgehen, die verbotene Bleileitungen verwenden. Wenn den Mitarbeitern beim Austausch der Wasserzähler auffällt, dass in einem Haus noch verbotene Bleileitungen liegen, sollen sie das den zuständigen Behörden melden. Die Wasserbetriebe reagieren damit auf eine entsprechende Forderung der umweltpolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion Silke Gebel.
Der Grenzwert für Blei im Trinkwasser sank im Dezember von 25 auf 10 Mikrogramm pro Liter. „Fließt Wasser durch Bleirohre, ist dieser Grenzwert nicht zuverlässig einzuhalten“, sagt Ingrid Chorus, Leiterin der Abteilung Trinkwasserhygiene im Umweltbundesamt. „Das bedeutet für Hauseigentümer und Vermieter, dass möglicherweise noch vorhandene Bleirohre ausgetauscht werden müssen.“
Die Wasserbetriebe selbst haben bereits alle Bleirohre ausgetauscht, die ihnen gehören. Aber die Rohre im Haus gehören dem Hauseigentümer. Und es gibt keine Stelle, die zentral erfasst, was für Rohre das sind. Bleirohre werden schon seit vielen Jahrzehnten nicht mehr eingebaut, seit 1973 ist in Berlin der Einbau auch offiziell verboten.
„Im Osten von Berlin kann man ziemlich beruhigt sein, da dürfte es kaum Blei geben“, sagt Wasserbetriebe-Sprecher Stephan Natz. „Das ist vor allem ein Problem von Häusern in Gründerzeitvierteln, die gut über den Krieg gekommen sind und die seitdem keine Generalsanierung bekommen haben.“
Warum ist Blei gefährlich?
Blei reichert sich im Körper an und beeinträchtigt vor allem die Entwicklung des Nervensystems. Kinder nehmen im Vergleich zum Erwachsenen wesentlich mehr Blei aus der Nahrung und dem Trinkwasser auf. Selbst niedrige Bleikonzentrationen beeinträchtigen die Blutbildung und die Intelligenzentwicklung vor allem vor der Geburt und während der ersten Lebensjahre. Deshalb sind schwangere Frauen, Ungeborene, Säuglinge und Kleinkinder besonders gefährdet.
Bei Erwachsenen wird das aufgenommene Blei ausgeschieden oder in den Knochen eingelagert. Dort kann es in Phasen eines erhöhten Stoffwechsels, wie in der Schwangerschaft, wieder in das Blut gelangen. Deshalb ist das Blei auch gefährlich für Frauen, die noch gebären wollen. (hei)
Für die Kontrolle des Bleiverbots sind die Bezirke zuständig. Aber es gibt 285.000 Häuser mit Wasseranschluss in der Stadt. Die Bezirke haben nicht genug Mitarbeiter, um dort überall zu kontrollieren, was für Rohre unter dem Putz liegen. Also werden die Bezirke nur tätig, wenn ihnen jemand ein Bleirohr meldet. Sie können dann die Sanierung anordnen sowie Bußgelder verhängen.
Und das könnten in Zukunft auch die Mitarbeiter der Wasserbetriebe sein. Alle sechs Jahre müssen die Wasserzähler ausgetauscht werden, um sie zu eichen. Wenn ihnen dabei bisher auffiel, dass in einem Haus eine Bleileitung liegt, unternahmen sie nichts. Schließlich sind sie für die Kontrolle des Bleiverbots nicht zuständig.
Grünen-Abgeordnete Gebel forderte vor zwei Wochen, das zu ändern: „Es ist doch absurd, wenn die Mitarbeiter der Wasserbetriebe die Gefahr sehen, aber sie nicht melden.“ Sie verlangte einen besseren Informationsfluss.
Die Wasserbetriebe haben die Grünen-Forderung kurz geprüft – und für gut befunden. Wenn die Mitarbeiter die Zähler wechseln, werden sie auf dem Protokoll bald noch zwei Kästchen mehr haben: Dort kreuzen sie an, ob die Hausleitung nach Blei aussieht. Verdachtsleitungen werden dann dem Bezirk gemeldet.
Das ist zumindest der Plan. Denn noch ist nicht klar, ob sich das wirklich umsetzen lässt. Wasserbetriebe-Sprecher Natz kündigt an: „Wir werden nach einem Weg suchen, wie wir die Daten den Gesundheitsämtern der Bezirke zugänglich machen können.“ Vielleicht stellt sich aber auch noch heraus, dass das wegen des Datenschutzes oder aus anderen Gründen nicht möglich ist.
Gleichzeitig warnt Natz, dass die Mitarbeiter der Wasserbetriebe natürlich nur sehen könnten, was für ein Rohr im Keller neben dem Zähler liegt. Wenn ein Haus Bleileitungen in den Wänden hat und nur im Keller die Rohre durch ungefährliches Material ausgetauscht wurden, fällt das nicht auf.
Natz: „Wer vermutet, dass Bleirohre im Haus sein könnten, der sollte sich beim Hausbesitzer erkundigen, ob der darüber Auskunft geben kann.“ Und im Zweifel kann man bei den Wasserbetrieben eine Wasserprobe einreichen. Die Analyse kostet 19,04 Euro, für Schwangere und Eltern von Kindern bis 12 Monaten ist sie kostenlos.
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