piwik no script img

■ SoundcheckTrifft

Morgen abend: Trifft. Für das Hamburger Core-Quartett Trifft soll die Musik nicht bloß gut ankommen. Trifft-Stücke sollen als sinnliche Vollbedienungs-Welle sowohl in die Ohren reinrollen, als auch in die vor Staunen offenen Münder reinschwappen. Unter dem Gaumen soll diese Welle einen frischen, scharfen Geschmack verbreiten, einen, den es länger gibt als Menschen und der als Nachgeschmack das Gefühl hinterläßt, es mit einer elementaren, mythischen Größe zu tun zu bekommen, zum Beispiel mit Salzwasser.

Trifft basteln seit zwei Jahren an ihrem würzig-naßforschen Stil. Die Mitglieder, noch in den Zwanzigern, erinnern ein wenig an eine bestimmte Sorte von Musikern aus den 70er Jahren. Diese „Mucker“ hatten im Gegensatz zu beispielsweise Stadtteil-Initiativen zwar keine gesellschaftlichen Enttäuschungen erlebt, wollten aber genau wie jene bei deren Niederlagen „betroffen“ oder „frustriert“ reagieren. Ihre Aufnahmen klangen nach mulmigen Gefühlen, wütend und etwas beleidigt. Die Texte reicherten sie durch den Hinweis an, am Abgrund einiger Arten von Schmerz und Irrsinn zu taumeln. Es ging ihnen vermeintlich schlecht.

In den 80ern fand dieses Gefühl seinen Niederschlag teilweise in der Figur des seinerzeit vielzitierten Stadt-Indianers. Trifft-Sänger Das Kensicki zeigt in den 90ern, daß dieser mittlerweile etwas alleingelassene Stadt-Indianer für Live-Auftritte wieder aus seinem Tipi kommt. In Kensickis Texten bäumt sich der Erzähler in seiner Niedergeschlagenheit auf. Er konstatiert zuvorderst fortschreitende Seelenverstümmelung. Dabei spricht sein Gesang auf der einen Seite von einem übermächtigen, kohlpechraben-betrüblichen Geworfen-sein, auf der anderen treibt ihn „auf dem Gipfel der Absichtslosigkeit“ (Song-Text) die schlichte Angst vor innerer Leere an.

Kensickis Band führt furios vor, was es heißt, gleichzeitig vor Bedrohungen zu fliehen und sich dabei immer weiter in sie reinzureiten. Als Riff'n'Break-Maschine lassen Trifft ihre Songs zu Mächtigkeiten anschwellen. Beim Konzert beantwortet sich die Frage, ob Das Kensicki als idealistisches Arschloch with attitude oder Psychosen-Poser angesehen werden muß. Ein Abend des bedrohlichen Suspense steht in Aussicht.

Kristof Schreuf

Marquee, morgen, 22 Uhr, Vorgruppe: Linke Dickies

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen